Uhne Ferz (Gedanken vom Texter)

Mein Herr, schreib mir ein Programm in mein Herz
mein Meister, zieh mich, zerr mich, leg mich
ich bin ganz dein – mein Herz pocht für dich
mein Hirn kannst du übernehmen
mein Input, mein Output – mein Input, mein Output
sei mein Süßholzraspler.
(Übersetzt aus dem Vännemarische)

Klingt wie ein Lied eines dieser neuen Erotic-Roboter, die es inzwischen ja wohl gibt, nicht dass ich Erfahrung damit hätte. Die Gazetten berichten von Zeit zu Zeit. Es ist ein Auszug aus „Moin Prinz“, dem ersten Lied, dass Rainer Emese und ich fabrizierten. Für das Musical „Singe beim Babbln“. 1981.
Erstaunlich, oder? Es war das Lied der Computerelfe, die den Protagonisten als „Nachtmensch“ zu bezirzen versuchte, wie die tanzenden Kirchtürme und und und. Die Digitalisierung, die gerade überall so dramatisch neu empfunden wird, gab es da schon längst, die Folgen waren absehbar. Es folgten in den 80igern noch zwei Theaterstücke, immer gespickt mit Liedern im Dialekt, die Texte sonst im Standard-Dialekt geschrieben und gespielt. Anfangs der 90iger dann wollten wir wieder einmal „was machen“., aber ich hatte keine Lust auf die Bühne, weder als Autor, Regiemensch noch Schauspieler. Kann man Lieder nicht einfach so singen? Die Idee zu „Uhne Ferz“ war geboren. Es wurden im Laufe der Zeit ungefähr 80 Songs.
In dieser Zeit schrieb ich fast ausschließlich im Dialekt. Ich wandte mich von der Literatur der Reich-Ranikis ab, das arrogante Gelaber ging mir auf den Zeiger, wie man sintemals sagte, entging so auch der Rechtschreibreform. Lyrik wollte ich nur noch als Text, zur Lyra gesungen. Ich hatte meine „Splendid Isolation“ gefunden, die erst gegen Ende des Jahrtausend langsam aufbrach, als ich das Internet als Publikationsform für mich entdeckte.
Es war nicht immer einfach für Rainer diese Texte zu vertonen. Ohne Endreim, ohne durchgestyltes Versmaß, nur meinem inneren Rhythmus folgend. Oft machte er den Text dann passend. Durfte er. Diskutiert haben wir nie. Es war immer wieder erstaunlich, wenn Rainer das neue Lied vorsang, in die erste Probe ging, von der ganzen Truppe im Konzert vorgestellt wurde. Es war etwas neues, hatte sich von mir in ein Wir gelöst. Gut war das.
Es steht mir nicht zu die Texte, die Lieder zu lobpreisen oder zu verdammen.

Ich war nur erstaunt, als ich sie wieder einmal las. Nicht hörte. Was auf einmal wieder oder immer noch aktuell war.

Aus „Dischbediern“
Un wonn se wia dischbediern
daß Kinna un Waiwa ab un zu Priggl brauche
Un wonn se wia dischbediern
daß es des beim Adolf net gewwe hät
Un wonn se wia dischbediern
daß Sie alles bezahle meeste

Entstanden unter dem Eindruck des Anschlags von Solingen 1993. Was ist wirklich neu heute? Und das war im Westen!

Ich wollte hier nur ein wenig nachdenken, öffentlich, denn „UF, Uhne Ferz“ gibt das wahrscheinlich letzte Konzert um Geld für das Studio zu sammeln, ob es eine CD wird oder gar gestreamt werden kann wird sich weisen. Deshalb stelle ich hiermit die zwanzig Texte, die zu hören sein werden online. Vielleicht mag sie ja jemand lesen. In grauer Winternacht.
Die Texte gibt es hier im Blog. Klick.
Mehr zum Konzert hier.