Diese herrlich heißen deutsche Sommer

( Beitragsbild: Fahnen im Wind über dem Festivalzentrum der Schillertage 2023. Mannheim NTM)
Prolog

Ich saß am Rhein in Bingen, aß und glotzte auf die Germania gegenüber.

Sommerkunst

Bald wird es hier eine Bundesgartenschau geben, das ganze Mittelrheintal hinab. Was aus einem #siffgate wurde. Ich dachte an die Schau in Mannheim, deren bedeutendes Ereignis ein Sombrero-Kommunikationsdesaster ist. In Mannheim am Rhein eine Bundesgartenschau? Ich stellte mir das vor. Direkt hinter dem Neckarzufluss bis an die hessische Grenze, der Fawwerik mit den 4 Buchstaben entgegen? Ein Glucksen erschütterte mich. Eine Woche später fuhr ich die Strecke wieder, an den Burgen der rheinromantischen Preußenprinzen und geistig den Werken Turners vorbei. Linz am Rhein mein Ziel.

FUNeral rheinisch

Wortfetzen auf der Fahrt notierte ich, wollte eigentlich etwas anderes, aber es wurde diese Miniatur. Angereichert mit Sommergedichten aus der Datenbank. Sicher, ohne Cookies und Kram, weil offline.

Diese herrlich heißen deutsche Sommer. Alles gelb, kein Grün stört, bald bräunt alles in das Blau, auch der Himmel. Peter und Paul faulen den Weizen in seine Gläser, die Gerste staubt in die Pilse, laut malz ich dem Hopfen entgegen. Mein Klima säuselt aus seiner Anlage in Cockpit-Schlitzen, alles summt in meinem Brummer, auf meiner Autobahn. Ein fröhlich Lied auf den Lippen, gestreamt, dick gebenzt, kräuselt in die versteckten Airbags und Gebläse. Mein Taugenichts träumt von blauen Schenkeln der lustigen Weibern umschlungen, am See dort, wo Kirchtürme wieder ragen, aus den Wassern, die sie einst verschlangen.
Am Fluss stört kein Getucker der dieselnden Schiffe, romantische Bänke aus Sand zwischen den Rinnen saalen Mücken und Malaria.
Auf der Bahn gendern fesche Soldat*Innen den Fahrer*Innen von den Rohren der Panzer und Artelleriegeschützen herab, singen Lieder von Heimat und Fernweh, ziehen freudig in die lustigen Gefechte für die Kameras und frisch geschwafelten Talkwaus. Deutschland, dein Ticket undercover, metallisch im Rhein.

Ratternde Rotoren libellen über der Autobahn der Ruut sixtisix bei Biebrich entgegen, kein Stau soll uns fehlen. Ich jauchze und hube meine Drohnen dem Schrauber entgegen. Wie Hummeln umschwirren sie den älteren Bruder. Sternenkrieger beschießen die Kleinzeuge aus ihren versteckten Rohren, in 3D und Dollbei, and ä whäm, and ä bämm, tandaradei. Ruhig trinkt mein innerer Imperator kühl gerieselingtes Wasser. Freigeräumt meine Autobahn, nur für mich, rasen wir der roten Sonne entgegen, frisch geglüht in den Grills der deutschen Sommer. Die Kohle darin sehnt sich nach Kraft und Werken der kraftlosen deutschen Winter. Weiter heizen wir mit dem Brummer durch die laue Sommernacht. So schön, so schön. Deutsche Sommer über alles, über alles, auf der Welt.

Gedichte aus der Sonne oder so.

Ach ja, Sommernacht

Keine Fron den Gedanken
wir stöhnen die Freiheit
summen leise Lieder
aus geläutertem
Hass

Angesichts

unpassender Sommer
schlechter Regierungen
torlosem Fußball
und gen-gesteuertem Wein
trink ich langsam
ein alkfreies Bier oder zwei
freu mich auf morgen
und mein Bett
wer singt mir
das Tandaradei


Blasen und lauben

Kurz vorher
noch ein Mal
bunt zu braun und gelb
lauben im Wind
zu den Beats der
donnernden Bälle
Keine Angst vor
Toren dort unten
Der Sauger wird
jagen und holen
Wir hexen auf
Bläsern und Besen
Was rauschten
raunten
dürsteten Sommer
aber heute steppen
wir Mozart im
wildbunten Rock
noch ein Mal
aber doch

Du hörst ja doch nicht

Hör auf
meinen Runzeln
zu schmeicheln
die Schuppen von der
Haut zu fegen
über den Altersflecken
Lust zwischen
die violettgeränderten
Schenkeladern zu
blasen
Hör auf damit
Sommerwind
mein Liebling
hör doch
hör auf

Bericht im Mannheimer Morgen zur Lesung der Texte im Theater-Felina-Arenal im Rahmen der Spätlese #43

Johanna goes Käfertal

Schillertage. Nationaltheater Mannheim 2023. Muss man einfach mal hin!

Ich weiß noch nicht, was ich mir noch ansehen werde, oder nicht. Erstmal ging ich zu “Johanna (to go)“.
Eine Produktion des Düsseldorfer Schauspielhauses. Im Käfertaler Kulturhaus. Ja, ja.

Mit Caroline Cousin, Markus Danzeisen, Moritz Klaus, Fnot Taddese, Jürgen Sarkiss
Regie & Video: Robert Lehniger Bühne: Irene Ip Kostüm: Tutia Schaad Musik: Philipp Johann Thimm
Lichth: Christian Schmidt Dramaturgie: Beret Evensen

Eine sehr kluge Inszenierung. Optimiert für den Reisebetrieb. Minimale Bühne, mit Vliesen drapiert (Hach!), elastischen Bändern. Transparent. Man konnte durchsehen, doch diente das alles auch als Video-Projektionfläche. Das war Schiller, nicht NACH Schiller. Trotzdem hielt das Ensemble das schillersche Pathos flach. Das Ganze eingedampft auf gut anderthalb Stunden, die Story trotzdem herausgearbeitet, zielführend auf das Ende zu, nein kein Feuerchen, das gibt es ja auch in der Schillerversion nicht. Die Video-Einspielungen waren live, man sah die Kamera und die Schauspieler. Zum Teil in Nahaufnahme, besonders die Hauptdarstellerin sah uns aus großen Augen an. Die Doppelrollen klar gekennzeichnet. Kurze Wechsel der Kostüme zeigten, ob Franzose oder Engeländer agierten. Ich war sehr angetan.
Die Düsseldorfer haben ein Trailer in ihrem Youtube-Kanal.


Verbindung zu Youtube erst nach dem Klick.

Ein großes Problem bei Klassikern ist oft die Langeweile, die sich durch stundenlange Dialoge quält. Hier nicht. Ich hätte noch eine Weile zuhören können.
Hinzu kam, das war eine Matinee. 11:00 der Beginn. Da war ich noch hell wach. Sollte man öfter anbieten. Anschließend Mittagessen und dann Schläfchen. Schiller to go. Abends dann bloggen.
Das war eine gute Sache das. Ich meine, ich blogge ja nicht bei jedem Stück, das ich besuche. Nee, nee. Aber der letzte Eintrag hier hatte mit einer anderen Inszenierung der Jungfrau zu den Schillertagen 2021 zu tun. Konnte ich mir nicht verkneifen. Guckt:

Mit Schal im Trikot

update;btw. Jenem Kritiker aus dem gelinkten Beitrag war es zu piefig in Käfertal. Und … Zitat: “hält sich die emotionale Beteiligung in den Grenzen einer mehrfach besetzten Strichfassung mit Niederschwelligkeitsfaktor.” Jodeldi, man hätte ihm ein paar Räucherstäbchen spendieren sollen im vorstädtischen Käfertal, wo sie niederschwellig piefen und düsseln. Gott sei Dank war er nicht morgens da.

Was ich mit Vliese zu tun hatte:

Vliese und chemische Erotik


Zum letzten mal war ich 2019 zu den Schillertagen da.

Daran erkenn ich meine Pappenheimer

Man wird sehen, was noch kommt. Ich denke nicht, dass Schiller mal nach Käfertal hinauswanderte. Aber das Kulturhaus dort werde ich wieder mehr im Auge behalten. Kultursommer haben sie da. Um die Ecke vom Bahnhof. OEG-Bahnhof. Da wird nicht gestreikt. Yessir.

Btw. Wenn die Spielzeiten wieder beginnen könnte ich ja mal zum Düssel’ und anderen Theatern deutschlandticken. Doch, wenn es noch einen Herbst geben wird, doch.

Mit Schal im Trikot

Prolog

Im Bild: Das “Alte Kino” in Mannheim-Franklin. Ersatzspielstätte des Nationaltheater Mannheim, vor dem Kletterzentrum des DAV auf Franklin. Da könnte man doch wie einst zu Corona Insta-Inszenierungen machen. Geklettert. Ach, hör auf zu träumen, mikel.

Nach dem Ende einiger orthopädischen Beeinträchtigungen und den bekannten Corona-Misslichkeiten wende ich mich, mehr und mehr, wieder meinen kulturellen Verpflichtungen zu. Im Hause Theater im Felina-Areal  erlebte ich zwei formidable Tanzabende und natürlich besuchte ich das neue NTM-Ausweich-Theater. Nur 3,5 km vom Küchentisch entfernt. Wenn es die Wärme zulässt, ist das in Fahrradreichweite. „Der gute Mensch von Sezuan“ sah ich 1969? schon in Heidelberg. Nun im Amikino, angetan mit weißem Rollkragenpulli und grauem Schal, es war kalt, nahe dem Käfertaler Wald. Was hatten wir hier herrliche Zeiten bei der Ami-Kerwe, im PX und in diesem Kino. Wenn wir Viernheimer mit dem Rad oder der OEG nach Mannheim fuhren, dann mussten wir zuerst durch Franklins und Sullivans Amerika. Plötzlich fiel mir ein, dass Franklin und Schiller Zeitgenossen waren. Hhm. Brecht war oft langweilig, so auch hier. Im Werkhaus des NTM lief Tage später Leonce und Lena, als „Kalte-Wasser-Premiere“. Lustig. Fast das ganze Ensemble war im Publikum. Man hatte sich die Lena erspart. Deklamationen via Reklam, wie einst zur Schulzeit. Statt dessen knutschten zwei Schauspieler wie wild auf einem Sofa. Das Publikum wurde auf die Bühne gelockt. Ha! Ich blieb sitzen. Schon im Felina ließ ich mich locken und musste als Katze tänzeln, nee, nee. Crémant gab es im Haus und auf der Bühne. Angeblich für 200 Euro. Warum gab es keinen Winzersekt, aus der Pfalz oder von den Weingütern der Hessischen Bergstraße, gesponsert (Der Landbote -sic-!). Mehr PR wagen! Hatte man bei Sick of Siegfried nicht schon alle Siegfriedsbrunnen-Epplwoi-Dörfer in Odins Wald verärgert? PR im Theater?

Eine Geschichte über seltsame PR bohrte sich ins Hirn!

Mats (nein nicht der), Mats (12) war verliebt. Er wusste, dass die 22 jährige Schwester seines Freundes nichts von ihm wollte. Also nicht das. Aber was kann man schon gegen die Liebe tun? Er hing oft mit seinem Freund Timo ab (nein nicht mit dem), in dessen Resort, wie es so schön heißt, verfolgte sie auf den Socials und beäugte sie still bei Besuchen. Im Wohnzimmer wütete Lois heute, wie so oft, gegen den Theaterkritiker der lokalen Monopolzeitung. Sie arbeitete als Grafikpraktikantin im Theater, im Rahmen ihres Kunststudiums.

Das örtliche Stadttheater war zum Theatertreffen in Berlin eingeladen. Mit Johanna von Orleans, also dem Theaterstück. Schiller. Da langte der Journalist keifend, Spucke speiend, kräftig nach: Nein, deshalb sei das Gesamtkonzept der Intendanz trotzdem nicht gut, überhaupt das ganze feministische und post-post-moderne sei obsolet. Schlusssatz war in etwa: „Übrigens kann man auch mit Schiller nach Berlin“. “Wo spielt denn der Schiller, unter welchem Trainer”, rief Timo, um sie zu ärgern. Mats stieß unter dem Tisch an die Schienbeine, wie im Training.

Lois tobte. Dabei schreibt der in seiner Dialekt-Kolumne Mannheim „Mønnem“, mit dem durchgestrichen ø für das kurpfälzisch-nasale „oa“. Ganz klar eine „Kulturelle Aneignung“ der nordischen Sprachen. Wie sollte da eine Inszenierung wieder einmal zum Theatertreffen eingeladen werden? Sie wolle da auch mal hin. „Wegen einer Dramaturgin wohl“, dachte Timo laut.

Sie verdrehte die Augen, aber Mats sah seine Chance. Er spielte Fußball. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“. Wegen des Pokalendspiels im Olympia-Stadion. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“ Überhaupt keine gescheite Fanszene hätten sie da bei den Theatern. Keine Trikots, keine Schals im Shop. Bei den Premieren müsse man in diesen Roben bei dem Schlussapplaus in die Ohren der Kritiker grölen, „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“. Da seien doch diese auswählenden Kritik-Menschen live und in Farbe, oder?

Verdutzt nahm Lois die Idee auf, bemerkte Matz zum ersten mal und glühte vor Begeisterung. Eine Amateur-Truppe wurde zusammengestellt, heimlich, Weiße Langarm-T-Shirts hand-bemalt, nicht beflockt. Schals in Regenbogenfarben strickte Mutti mit ihrer Handarbeitsriege, nach Lois’ Vorgabe.

Zum üben begab man sich in die Pfalz, Woifeschd, ye know. Und grölte, fällt dort nicht so auf. In Bad Dürkheim allerdings war ein Korrespondent der NYT privat dort, er besuchte seinen Bruder in Ramstein. Das Gegröle interessierte ihn. Klar sprach Mats Englisch. Es war saure Gurkenzeit in NY und so platzierte der Ramstein-Typ einen Artikel in der Times, mit der süffisanten Empfehlung an die PR des Broadway und des Valley.

Mannheim in der NYT. Als ob eine Bombe geplatzt wäre. Das Theater reagierte sofort. Der Hausregisseur engagierte die Truppe stande pede für die Macbeth-Produktion auf dem Lastwagen, als „Shakespearean fools“. Mats war glücklich! Mit Lois auf der Bühne.

Die Werkstätten fertigten in Windeseile Trikots mit Logo und Schals in eleganter Ausfertigung, Zur Wiederaufnahme des Macbeths war ein Shop gelauncht.

Die Parteiagenturen schalteten auch. Die Kandidat:Innen für die nächste Bundestagswahl traten auf dem gesamten Werbe-Paket mit den Schals angetan, sie wollten ja auch nach Berlin! Grölten es, mit Trikot selbstverständlich.

Die Accounts der Fashion-Influenzer:Innen (nein die nicht) glühten. Überall, wo es Podcasts gibt, war es der heiße Shize. Auf der Fashion-Week tauchten erste Theatertrikots der Modelabel auf, kurz und knapp, In Paris wuselten die Mannequins nur mit Schals der Comédie-Française bekleidet über die Katzen-Gänge. Der Britische König aber weigerte sich im Globe ein Trikot zu tragen ohne Krone und Hosenband.

Die Großen Staatstheater unserer Republik, den Länder zugeordnet, zogen nach, nur die Volksbühne nicht, sie suchte noch nach Schals von Rosa Luxemburg, das Berliner Ensemble nach Tüchern der Mutter Courage. Überhaupt die Berliner. Was grölt man denn, wenn man schon in Berlin ist? Eine Gruppe namens „Schrippenzieher“ demonstrierte in Trikots von Union Berlin vor dem Schillerdenkmal auf dem Gendarmenmarkt gegen die Invasion der Schwaben aus Mannheim. So genau kennt man sich im Osten nicht aus in Süddeutschland.

Das Gegröle aber ging den Opernmenschen in dem 3-Spartenhaus auf den Zeiger, also komponierte ein Korrepetitor frisch einen Song, dass man nach Berlin wolle, in Anlehnung eines Stückes, das Mozart in Mannheim komponierte. Der Opern- samt Kinderchor sang auf Youtube und allen anderen Musik-Kanälen, gestreamt, nicht betüttelt. Abertausende Klicks folgten stündlich.

In Mainz gründete sich eine neue Garde „Die Papenheimer“ mit Theatertrikots und Schal statt Uniform, für den Rosenmontagszug, statt Bütt auf dem Rücken fahren sie auf Vollerntern durch den “Fröhlichen Weinberg” uff de Gass. Ihre Symbolfigur, der Zuck, ist nun bei den Boonebeitel im Fänsehn, mit Trikot und so weiter des Staatstheaters.
Bei soviel Aufmerksamkeit für Mannheim und Mozart reagierte man auch im Roten-Bullen Salzburg. Der Jedermann und seine Buhlschaft wurden aus dem Mannheimer Ensemble engagiert, vor dem Salzdom die Knittelverse des Herrn Hofmannsthal vorzutragen. Natürlich mit Schal und im Trikot.

In Wien war man ganz gelassen, es blieb für die Burg ja die Teufel und die Gott in Salzburg. Die beste aller Online-Digitalitäten, am Burgtheater engagiert, managte das ganze knallhart als Theater im Netz. Eine Kampagne „Mit Schal und Trikot“ auf Insta forderte das werte Publikum auf, eigene Entwürfe zu posten, kurze Moves auf TikTok mussten sein und dann aktivierte sie wieder ihre Twitteraktion mit einem „Nicht-Räuber-Theater“ mit Nicht-Schal und Nicht-Trikot.

Theaterchens Himmelfahrt – Eine #wunschvorstellung

Die Fußballer der FIFA übrigens grinsten nur. Was die verdienten im Theaterwesen, lachhaft. Sie gingen dann in ihren Euros baden.

Als dann alle Theater, auch die örtlichen Amateurtheater, ihre Trikots hatten und das neue „Berlin, Berlin“ des klavierenden Repetitors gesungen wurde, bitte nicht mehr gegrölt, fand Mats eine gleichaltrige Freundin, Lois’ Schwester nämlich, Conny, wie es die Tradition verlangt im mozartlichen Mannheim. Trikots gab es auch bei Aldiddel armesvolk-günstig im Angebot.

Einen Wettkampf mit Amaton-Primo und Disdie gewann Wettflix. Die Real-Live-Serie mit Lois und ihrer Dramaturgin. „Der Schal zum Glück“. Öffentliche Hochzeit includiert, am Wasserturm unter den Fontanen, äh Fontänen, nass im Trikot natürlich. Als Logo war nur ein durchgestrichenes „ø“ aufgestickt. Auf eine ‘rausgestreckte Zunge appliziert.

Stoisch steht dagegen Schiller als Genie auf den Sockeln und lauscht seiner Ode an die Freude, denkt an Europa und dessen Pokale, wollte nur nach Weimar fahr’n, Weimar all the time!

Ich ging lieber nach Schwetzingen, Figaros Hochzeit ansehen, in angenehmer Begleitung und Kirschblüten bestaunen. Ohne Trikot aber mit Schal.

Es ist vorbei

Rund um das (schon lange abgeschaltete) Atomkraftwerk Biblis liegt Ackerland und ein Naturschutzgebiet.
Gestern wurden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet, was sehr gut ist.
Ich weiß nicht, ob es die beiden Kühltürme sind, da auf dem Bild, in Biblis, die bereits abgerissen wurden. So pervers es klingt, irgendwie fehlen sie mir. Doch. Klar, sie werden nicht mehr gebraucht. Hätte man so einen Kühlturm nicht stehen lassen können? Von mir aus als Ruine? Ich meine ja nur. Als Landmarke. Wie viele Ruinen gibt es denn sonst so? Jo, alle Burgruinen werden nicht mehr gebraucht, so als Ritterkriegsmaschine. Und doch thronen sie auf den Hügeln der Republik.

Ruinen, Staffagen, Kriege

Die Türme waren ja sonst so weit integriert. Gell? Wichtige Radlinien führten an ihnen vorbei. Hier angezeigt der hessische Fernradweg 6.

Ein Radweg von unserer Nachbarstadt Lampertheim gen Norden am einstigen AKW Biblis vorbei.

Nein, nein, ich bin froh, dass wir aus dieser Technologie ausgestiegen sind. Und den Politikern, die gerade nachfassen wünsche ich sonst was, weil sie nicht nachdenken. Wie immer nur kurzfristig umherposaunen. Dem bayrischen Ministerpräsidenten wünsche ich sehr, dass man als Gegenleistung zum Weiterbetrieb von Isar 2, all den Atommüll aller Zeiten auf dem Reichsparteitagsgelände der Nazis in Nürnberg zu häufeln. Hätte was. Sehr symbolisch, nä?
Aber hier und heute fehlen sie mir, die Türme, als Landmarke und Orientierung. Wenn man auf Gebürge des Oden- und Pfälzerwaldes stieg sah man in unseren Breiten die Türme der AKWs von Phillipsburg und Biblis. Weg sind sie, oder doch bald.
Schon seltsam das alles. Um in der Gegend zu bleiben. Wird man bald die Kaiserdome am Rhein abreisen? Speyer, Worms, Mainz. Nach all den Missbrauchsoffenbarungen der Gegenwart, werden sie wohl auch nicht mehr gebraucht. Oder doch nicht?

St. Peter in Worms. Basilika minor, Literarische Größe im Nibelungenlied.

Der Dom der Krimhild liegt nur unweit des AKW Biblis, jenseits des Rhein.

Im Ernst. Wie gehen wir mit unserem Nichtmehrgebrauchtem um? Mit einer Technolologie, die unbrauchbar war und ist. Wie gehn wir um mit den geistigen Ruinen des christlichen Abend- wie Morgenland? Wie mit all dem Innenleben, z.B. Mozarts Requiem? Der Kunst, der Literatur? Wegwerfen?


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Als ehemaliges Christen- und jetzigem Heidenkind geht mir das alles durch Mark und Sinn. Dauernd.
Sorry für das Zusammendenken von Kühltürmen und Basiliken.

Ich hör ja schon auf. Nee. Irgendwann werde ich das hier besprechen. Das mit der Transzendenz und so weiter. Was tun und fühlen als Heidenkind, wenn das Alte nicht aufhört zu wirken?

So lange mein Zusammendenken von Siegfried und Atommüll, im Dialekt. Auch desolat ohne Kühltürme.
“Wie de Sigges in Hammelbach doud gonge iss.”

Als PDF
und ja, das muss jetzt sein, als Podcast. Früher hieß das noch Lesung.
Sigges als mp3

Endlisch wia mol Summa


Die Sunn bretzlt uf die Deetz,
im Himml koa Wolg un Nix.
Veggl schwalwe leisl vazwitschat.
Ufgeroamt die Wisse, koa Holz knackt
unna de Fieß, alles fa de Offe dehoam.

Die Oma im Schadde schdriggt Sogge
fa die Kinna, dicke, s’werd kald wänn
wie sellesmol am Chrischtkinnlsdaag.
Aus de Kopphärer klatschd Vakähsmusigg
In de Hits heid: „It never rains oam Vadda Rhoi“

Die Medscha un Buwe kreische im leere Bad,
schbiele Fußball wie die Alde fa Geld un die Galerie.
Naggische Bee renne un die Kinna schnaufe in de Hitz.
E paar vun de Kids sause uf die Schreuobstwisse,
schieße aus kloane Gepardponza Apple vun de Beem

Des Lithiumknoddlewegglsche


Babbln wie de Uroba,
Kinnas, des vaschtehn se net.
Die Oma mescht mit ähm Robota rum,
wonn se flennerenne, lessda Sache falle.
Des Öl leeft uf die Gass un die Knoddl
aus de elektronische Bruschd.
Psst, blouß wie de Uroba, Aldi, Alda.
Ko Normal heid, die däffe nix wisse.
Als hinnahä, denne Roboda, de fresche.
Alles ufghowe, issa baba heid Bre’ nSis.
Als enoi, des Lithium, des deiere
Mä fahrn, fahrn, fahrn,
waggl, weggl, wagg.

Die Dihla vum Amt grinse
un flaxe wie de Uroba High Five

Unsa Lithiumkoddelwegglsche

Ein Gedicht aus dem Jahr 2072 // Zum Hintergrund.

Du liewa Godd


 
Koan Parre peift die Palz in de Kersch,
des is jetzt die Disco fa Generatione.
De Messwoi lengschd Schorle im Pälza Format.
Dezu Meenza Weck un Worscht fa all the People.
Im Dorf hewwe ma ko Kersch gelossd. No, no.
Zu daia, des ewische Gebimml.
De Parre kimmt jo am Sunndag im TV
Home Church fo alle
O Sancta Corona hülf.

Beitragsbild: Plakat vor dem Eingang zur www.ulnerkapelle.de in Weinheim

Laufend

Kunstausstellung Marion Rang: „Mara´s world of pouring colors“ KulturScheune Viernheim. Noch bis 16.9.2022. Siehe Link.

Es wird Zeit wieder Kunst auch zu Hause wahrzunehmen. Amtlich vorgestellt sogar. Vom Amt für Kultur und noch viel mehr. In der Kulturscheune. Ja, war ich auch schon oft zu hören, wie Uhne Ferz auch. Ich war zu einer Vernissage. Sonntags Mittags, in der Hitze 2022. Es ging um dahingegossene Farben. Ich war fasziniert und weiß nicht warum. Es erinnerte an unser aller Betriebslabor, weiland, wenn wir unsere Pasten testeten und die Reste zusammenlaufen ließen, entsorgend. Hier also macht das jemand bewusst. Künstlerisch. Pouring. Ich wollte wieder einmal schreiben. Zu diesen Werken. Also. Einfach hin. 30 min gucken, knipsen, schreiben. Wie so oft. Die Künstlerin gestattete, gell.

Marion Rang: Twister. Ausstellung „Mara´s world of pouring colors“. Kulturscheune Viernheim, September 2022.

(Zur Nacht)
Langsam zieht Nacht
durch glucksendes Leben
breitet sich aus
schnappt nach dem Licht
schluckt Perlen
aus altem Lachen
Mein Schnarchen
liebt meinen Schlaf

Marion Rang: Whirlpool. Ausstellung „Mara´s world of pouring colors“. Kulturscheune Viernheim, September 2022.

(Wirbel)
Meine Wirbel
aus den Säulen gelöst
surfen auf Wurzeln und
Riesengebläse über
kleinen Feuern
warm und sanft
Oben warten deine Hände
singen das Blau aus
Himmeln und Zwischengebeten
Ich lebe und liebe
in mir, in mir

Marion Rang: Loop. Ausstellung „Mara´s world of pouring colors“. Kulturscheune Viernheim, September 2022.

(Kommt)
Kommt alle
Kopf und Schlängeln
Im Uterus singen wir
Choräle des Lebens
Kleine Hits aus Automusiken
schweigen den Zeiten entlang.

Fragen? Einfach kommentieren, ich leite weiter an Frau Rang.

Mycel und ein Schwert beim Türkenlouis

[Badisches Landesmuseum. Karlsruhe

Museumshelden – Von Vitrinenstars und Depothütern

Volontär*innenausstellung
3.6.2022–4.6.2023
Marmorsaal, Schloss Karlsruhe]

Nach Karlsruhe gehen. In den Gazetten bedeutet das zumeist die Ansage von irgend*wem das Verfassungsgericht anzurufen und die rotengewandeten Richter um Entscheidungen zu bitten. Ich dagegen laufe da immer vorbei, um die Museen rund um das Schloss zu besuchen. Heute nicht in die Kunsthalle.

KK #WastingTimeWithArt


Nein, nebenan. Erneut. Das BLM war tatsächlich das erste große Museum, das ich besuchte. Klassisch: Klassenfahrt. Ich war beeindruckt vom Markgraf, dem Türkenlouis. Guckt:

Museumsnutzer


Dieses Mal war ich eingeladen, als Blogger. Nein, kein Instawalk, kein Tweetup, eine echte Eröffnung, mit allem, Brezeln, Wein, Speeches und Direktor. Wie so ein Presse-Mensch. Alles fein angerichtet, von Damen in weißen Blusen kredenzt. Man war schließlich im Schloss. Bei Großherzogs daheim.

Die Volontäre des Badischen Landesmuseums veranstalteten zum vierten Mal eine eigene Ausstellung. Ist nicht selbstverständlich parlierte der Herr Direktor. Hier erhalten diese Menschen tatsächlich eine Ausbildung, dürfen mehr, als billige Arbeitskräfte sein, wie so oft. Sogar ein neues Artefakt durften sie aussuchen und züchteten das selbst. Einen Fahrradhelm. Aus Mycel. Ich war beeindruckt. Klingt gut. Auf Wikipedia dann die Erkenntnis, das ist das Zeug auf dem Camembert. Als Fahrradhelm. Und hallo, die AdiDaxlers verwenden das auch. Für Turnschuhe. Stark BLM, voll im Trend.

Es waren lange Reden da. Alle, auch wirklich alle, bekamen Blumen und Lob.  Wahnsinn, wie viele Menschen zu einer Ausstellung gebraucht werden. Sind gar nicht alle auf dem Gruppenbild. Ich konnte mir das alles gar nicht merken. Ich schweifte ab und speicherte mein eigenes Storytelling. Kommt später.

Gruppenbild zur Eröffnung von “Museumshelden” im BLM Karlsruhe 2022

Die Ausstellung selbst ist eine liebevolle Beschreibung eines Museums. In all seinen Teilen und Berufen, mit dem Helm und dem Schwert als Comic an die Wände gestorytellt. Hey Kinder, das soll nicht heißen, dass ihr auf dem Rad ein Schwert braucht, wenn ihr einen Helm tragt. Mycel und ein Schwert beim Türkenlouis weiterlesen

Anneliese und der dritte Ort

Vor zwei Jahren gepostet und nicht weiterverfolgt.

Risikogruppe, ach.


Nun bin ich 70. So what? Senior. Yepp bin ich. Klingt halt lateinisch besser als “Alter (Sack)”. Um die Ecke hier gibt es schon ewig ein Altenwohnheim. Betreutes Wohnen. Inzwischen heißt das (Pflege-)Altenheim weiter in der Innenstadt aber “Forum der Senioren”. Sei’s drum.
Zum Thema: Viernheims Stadtverwaltung feiert 40 Jahre Seniorenbüro. Zurecht. Ist bestimmt eine notwendige Dienstleistung der Verwaltung. Es gibt sogar ein Youtube-Filmchen dazu. Die Digitalität stark ist in Vänne, inzwischen.


Verbindung zu Youtube erst nach dem Klick.

Eine Feier war angesagt. Sogar in Mannheim wurde das verkündet.
Ein Betätigungsfeld des Büros ist ja die SBS 55+.  Da wurde das Wort “Senior” gestrichen. Eine Selbstverwaltete Begegnungsstätte für Menschen ab 55 Jahren und Plus, ist das jetzt.
Bestimmt besser als die freitägliche Dauerweinkerwe am Rhein-Neckar-Zentrum, die Schorle-Connection schon morgens am Tun. Oder gar die Werbung der Best-Ager-Industrie. Einmal Salbe aufs Knie und schon geht das Joggen. Ihhh. Eine Verhohnepipelung, wir Arthritis-Fans wissen das besser!
Ich hatte mir den Termin vorgemerkt. Ich suche, gerade für den Winter, durchaus einen dritten Ort, wo man einfach mal hingehen könnte, ohne gleich zahlen zu müssen.
In der Vornacht hatte ich zwar einen Alptraum. Unsere Mitbürgerin, im Augenblick Verteidigungsministerin, gehört ja auch zur Zielgruppe und sie kam mit Hubschrauber um die Alterskollegen, die Reservisten sind, als Verstärkung der Heere anzuwerben, mit dem Zapfenstreich-Orchester. Ich erwachte schweißgebadet. Egal. Ich ging trotzdem hin.

Ein Alleinunterhalter unterhielt und es klang die “Anneliese” über den Platz, gefolgt von Herzilein.
Ich floh!
Ging einkaufen und kam dann wieder zurück. Das war zwar nicht meine Welt, aber mal sehen. Ich gönne es den Leutchen ja Nachmittags zu dieser Musik zu tanzen, aber bitte nicht für mich und nicht Mittags.

SBS_tanzen-Plakat
Gesehen? Die Digitalisierung in Vänne? QR-Code auf dem Plakat. Gell?!

Ich sinnierte. Phil Collins ist ja z.B. mein Jahrgang, auch wenn er nicht mehr so kann. Mick Jagger dagegen ist sogar schon 78 und spielt am Sonntag in München. Bestimmt wird er sich wieder hüpfend zwischen die Beine greifen und klagen, dass er keine Satisfaction habe, was in seinem Alter eine ganz neue Bedeutung hat. Man könnte da mal drüber sprechen. Nein, nicht wo man dieses Zeug rezeptfrei bekommt, sondern mit Ärzt*iun oder so, Sexualität im Alter, auch und gerade für Frauen, btw.
Aber das mit der Musik wäre doch einfach. Mal wechseln. Per App. Oh. Was ist mit Gema und darf man das mit Spotify und Co?
Ich kam zurück, setzte mich mitten auf dem Platz hin und sinnierte weiter, eine Weile. Eine der Aufgaben wäre z.B. darüber nachzudenken, wie man die italienischen, türkischen (et all) Senioren integrieren könnte. Hhm. Schwierig. Das wird wohl nicht im Alter erreichbar sein, klappte vorher schon nicht richtig.
Mir fiel die augenblickliche Lage ein. Die Inflation z.B. Bald sind Cafe-Besuche für unsereinen Luxus.
Dann wäre diese SBS noch schicker. Ist das gar ein Dritter Ort, wie die Bibliotheken das gerne propagieren?
Eigentlich kennt man mich ja in dieser SBS. Uhne Ferz spielte dort einige Male, verkündete meine Texte. Ich selbst war nie dort. Das war meiner Mutter Terrain. Ich brachte sie nur öfter hin, neben dem Rollator dahin trabend. Übrigens wäre eine Rollatorschulung nicht verkehrt. Kann jeden treffen. Wie damit umgehen? Hürden überwinden etc. Der Kampf im Bus mit den Kinderwagen, oh, oh. Nur nebenbei bemerkt. Die Stadtwerke könnten da vielleicht helfen. Nicht nur Car-Sharing oder so.
Ich hatte dann das Gespräch mit der Seniorenberaterin. Alles ok.
Es erhöhte sich die Magistraten-Dichte, der ehemalige Landrat-Bürgermeister erschien, bald würde es Reden geben. Ich floh wieder, warum auch immer.
Auf dem Weg traf ich eine Alte Bekannte, die dann fragte, ob wir da nicht wieder Theater spielen könnten. Ich lachte und meinte Lesetheater am Schillerplatz. Oder ob sie noch so gut auswendig lernen könne. Eigentlich keine blöde Idee. Selbst verfasste Texte im “Sufflös*innen-Modus”. Was man alles für Ideen hat. Vielleicht von Smartphone-Könnern beim Filmen angeleitet. Muss ja nicht gleich online erscheinen. Sowas halt. Könnte man. Ob ich das will? Weiß nicht. Man sucht ja neue Mitarbeiter für Angebote am Abend. Hhm. Und dann könnte ich noch bloggen. Man könnte …
Wenn wir als Risikogruppe im Herbst wieder der Pandemie in der Isolation dienen müssen, können wir uns ja vorher überlegen, was alles zu einem Senioren-Homeoffice gehört. So. Mit Bank, Zeitung, eBooks, Onleihe. Eine Streamig-Gruppe könnte man mit Youtube, den Netflixen etablieren. Tauschen von Spotify-Playlisten. Von Anneliese bis Hendrix.
Nein. Alter ist oft nicht sehr lustig. Auch darüber könnte man labern, aber versauern deswegen?

Verabredungen könnte man da treffen. Mit der Karte ab 60 durch die Gegend brettern. Habt ihr gewusst, dass die OEG z.B. mindestens 9 Burgen oder Schlösser anfährt? Zum Bleispiel.

Die OEG, die jetzt eine 5 ist.

Es gibt eine Ausstellung dort. “Verne – Frieher un heit”. Geh ich hin. Zum ersten. Mal sehn.

Einladung zur Fotoausstellung SBS

Verne? So klangs in der SBS von Uhne Ferz.

Eigentlich wollte ich nur eine Mail schicken. Hhm.