Ich bin ja so banal, ich bin die Unkunst.

(Ein Pamphlet, weil es mir gerade Spaß macht. Nach der Lektüre eines Blogbeitrages „SCHULDIG PRO BANALISIERUNG DER KUNST? #LESETIPP“ von Tanja Praske. Dort sind auch alle Links zum Thema aufgeführt.)
Die Geschichte zum Bild gibt es hier.

Ich bin so ein Schwein, dem man die Perlen vor die Füße schmeißen muss oder nicht darf? Die Kunstvermittlungswelt ist in Aufruhr, weil sie vielleicht nicht genügend oder zu viel Kunst vermittelt. Den armen Schweinen, wie mir, die nicht all das edle und seligende Kunstwissen erstudieret haben. Die wir uns nur rudelweise ins Museum trauen, wo streng blickende Damen uns und den Künstlern ( die wissen das oft auch nicht) erklären was da hängt, warum es da steht und was die Künstlerin ( sowas kommt vermehrt auch vor) denn da wie und warum mir dummen, banalen Unkunstigem erklären.
Und immer kommt unterschwellig: Das ist Hochkultur, mach ordentlich deinen Diener, es wird dir gnädig gewährt einen Teil des goldenen Kalbes zu betrachten. Die Kultur braucht mich nicht, ich werde ihr sogar gefährlich. Die Kultur und ihre Gralshüter. Die Literatur. Die Musik. Immer von oben herab. Immer aus der Gosse der Unwissenheit harusholen wollen, oder lieber nach unten drücken weil es der Kunst schadet, wie auch immer das geht, aber „die Kunst“ verstehen wir ja nicht und wenn ich das richtig betrachte die KünstlerInnen auch nicht. Werden eigentlich nur als Lieferanten gebraucht, im besten Fall sind sie tot und können sich nicht mehr wehren.

Es wäre etwas Demut angbracht, liebe Kunstvermittler. Es gibt Dinge, die ihr auch nicht könnt und da stehen dann die Experten und feixen.

Um es ganz konkret zu sagen. Ich traue mich. Doch. Ich bin kraft meines Menschseins dazu berechtigt. Ich gehe einfach in Museen, sonstigen Gralstempeln und gucke mir an, was da so hängt oder steht, was auch immer. Ich lasse mich auf Dinge ein, staune kopfschüttle, lache, weine. Ich bin alleine mit dem Künstler, der IN und manchmal schreib ich auf, was das Werk mit mir gemacht hat, oder nicht gemacht hat. Ich muss dazu nicht wissen, welche Pinselgröße verwendet wurde und welche Gedanken vorher den Kunstbeschaffenden beim Mittagessen plagten.

Aber das interessiert ja die Kunstwelt nicht. Ist ja alles bereits aufgeschrieben, haben kluge Köpfe, Doctores und hochedle Professoren bereits erforscht, muss ich mich nicht selbst darum bemühen.

So. Jetzt geht es mir besser. Konkret:

Ich habe über die Tweetups nachgedacht, die ich mitmachte. (Nehmen wir die im Technoseum aus, das ist etwas völlig anderes)

Ich war begeistert. Das macht Spass und doch, tolle Leute kennengelernt. Eigentlich hätte ich aber anschließend noch einmal alleine durch die Gänge schleichen wollen, habe es auch irgendwann gemacht, um mich selbst den Werken stellen zu können.

Was würde passieren frage ich mich, wenn banale Unkunstler wie ich zusammen mit professionellen Hochkunstlern in einer Erstausstellung eine(r)s #hust „Kulturschaffenden“ einfach durch das Gelände pesen und tweeten, einfach das, was wir sehen? Uns vermitteln, gegenseitig auf Augenhöhe?

Geht nicht? Dachte ich mir.

Weiterführend hier: Amateurlaie

Natürlich hole ich mir auch gerne Wissen, vertiefe mich. Aber bitte, ich möchte es mir holen können. Wenn ich es will, wann ich es will und ich würde es gerne mit anderen Unkultis tauschen. Gerne auch mit Kultis, wenn es die denn interessiert. Und ich lasse mich auch gerne vom Marketing locken. Doch. Macht mal weiter. Aber hört auf Diskussionen über „die Kultur“ zu führen. Sie gehört euch nicht. Sie gehört euch nicht, mir nicht, niemandem.

2 Gedanken zu „Ich bin ja so banal, ich bin die Unkunst.“

  1. Lieber Michael,

    wunderbar! Genau so eine Reaktion auf die #Banalisierung habe ich mir erhofft! Perspektivwechsel für uns “Kulturschaffenden” – stimmt schon, ein unglücklicher Begriff – tatsächlich schaffen wir keine Kultur, sondern wollen sie bei Bedarf näher bringen, idealerweise gehen wir dabei auf die Wünsche der “Mitseher” ein und sehen gemeinsam mit ihnen hin, ein festgelegtes Deutungskorsett sollte es dabei nicht geben.

    Mir ergeht es ähnlich wie dir, ein Tweetup ist spannend, macht Spaß, nette Leuter lerne ich dabei kennen, vor allem faszinieren mich die verschiedenen Blickwinkel auf und die differenzierte Wahrnehmung von Kultur. Eines empfinde ich wie du: durch ein Tweetup gewinne ich Eindrücke der Ausstellung/des Museums. Sie wecken in mir den Wunsch, noch einmal in aller Ruhe das Gesehene anders zu sehen ohne den Multitasking-Anspruch im Nacken, auch wenn der schon ordentlich Adrenalin ausschüttet. Als Kunsthistorikerin bin ich schon vorbelastet, trotzdem gelingt es mir dank meiner Kinder Kunst unbedarft erfahren zu können. Mama Doktor tritt dann in den Hintergrund. Und genau das genieße ich!

    Deine Idee mit wie auch immer Gesinnten durch eine Ausstellung zu pesen und zu zwitschern finde ich prima! Warum sollte das nicht gehen? Mach das doch einfach und schaue, wie es dir dabei ergeht. Wir hatten mal mit den Kulturkonsorten ähnliches erfahren – das Tweetup #Shrigpin lief ohne Betextung ab, jeder twitterte das, was er empfand – ein skurriles, aber intensives Kunsterlebnis! Hier der Link dazu: http://www.tanjapraske.de/2014/04/10/shrigpin-ein-irres-tweetup-der-pinakothek-der-moderne/

    Ich wäre sehr erfreut, wenn du uns virtuell beim #lustwandeln am 19.4.15 ab 11:00 im Nymphenburger Schlosspark begleitest!

    Danke, dass ich dich zu deiner herrlichen Polemik animieren konnte, werde den Artikel noch als Nachtrag zur #Banalisierung aufführen.

    Wünsche dir einen schönen Tag!
    Herzlich, Tanja

  2. Mir geht es dabei auch um den Zugang zu “nicht-musealer Kunst”, der mit solchem “Kunstgewese” auch verbaut wird. Die Berechtigung einen Newcomer, ganz und gar unbekannte KünstlerInnen zu betrachten, gut zu finden abzulehnen, was auch immer. Auf so vielen Vernissagen wird kunst-historisiert, Schubladen gesucht und bedient, bis ein echter Dialog nicht mehr stattfindet. weil die Kunst ja erklärt wurde. #seufzt

    Ich werde mir das Lustwandeln mal ansehen..

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