Zu feig in Rente zu gehen

(eine Hommage zur goldenen Hochzeit der Stones)

Ich lasse los. Seit ich weiß, dass irgendwann tatsächlich die Rente wirklich zu mir kommt, lasse ich so vieles los. Es ist mir so vieles egal. Ich kratze die Probleme der Menschheit von den Seiten der Gazetten, aus den Pixeln der Monitoren, wische sie von den Apps der Smartphones, baue daraus Burgen mit eingebauten Sandschleiern. Ich muss nicht mehr da hoch zum Gipfel. Die Aussicht hier ist gerade so gut und nachher rutsche ich diesen Berg auf dem Hintern hinunter. Nein, nicht kindisch, aber kindlich. Als der fürchterliche Kindergarten zu Ende ging und endlich die Schule kam, war mir genauso. Eigentlich sollte etwas fürchterliches beginnen und etwas wunderschönes enden, aber ich lies es los und es wurde besser. Wenn meine Gelenke nicht schon so ausgeleiert wären, würde ich manchmal am liebsten hüpfen. Ach, sollen sie doch machen. Der Euro geht baden? Ach. Die Urheber schreien, die Lobby macht Betriebsausflug? Nein, ich zucke keine Schultern. Ich nicht. Aber eines regt mich auf. Nein, auch das nicht, oder doch? Ok. Ich sags. Doch. Noch einmal raffe ich mich auf.
Wenn man 50 Jahre auf Tour war und eine der raffgierigsten Bands aller Zeiten, sollte man zwangsverrentet und nicht weltweit in den Fäuletons gefeiert werden. Aber meine Renterkollegen werden ihnen auch beim nächsten Konzert die Millionen in die Taschen spülen, wenn sich Mick zum hunderttausendsten Mal in den Schritt greifen wird und brüllen, dass er keine Satisfaction bekommt. Ok. Ich lasse los. Auch das. Und wenn dann mein Roman endlich fertig sein wird, werde ich auch in den Stadien der Welt. Quatsch. Loslassen, mikel, loslassen. Ommm. Ok. Es gab so viele Bands, die besser waren. LOSLASSEN! Ich hüpfe, ich springe, tanze den Mozart. Und Paul bekommt auch noch sein Fett weg, die sind alle viel älter als ich. LOSLASSEN.
Zu feig in Rente zu gehen, wartet nur. LOSLASSEN… und heimlich unter der Bettdecke schreibe ich weiter und grinse.