Mashup, Mr. Bill?

 
 

Workshop
»Über eine Aufführung sprechen«.
Bürgerbühne des Nationaltheaters Mannheim.
 
 
 
 
Dieser Workshop lädt dazu ein, sich darin zu üben, möglichst präzise über Theater zu sprechen.
Anhand von : Die Ehe der Maria Braun/Draußen vor der Tür von Rainer Werner Fassbinder/Wolfgang Borchert. Details siehe hier.
Seit Wochen tanze ich um das Theater herum und kann mich nicht entscheiden, einfach hinzugehen. (Siehe hier und hier und hier.) Einfach ans Kassenhäuschen gehen und fragen, ob ‘was für später frei ist. Wie früher. Aber ich kann mich nicht überwinden. Und dann auf Facebook der Hinweis auf diesen Workshop. Mein inneres Dauerthema! Wie spricht Amateur über Kunst, Kultur, eventuell gar mit Künstler, Macher?
Da steht zwar Bürgerbühne, normalerweise meide ich Dinge, auf denen Bürger steht. Meist will man dann etwas von mir. Geld, meine Stimme, mich hinter Burgmauern zwängen, aber im Werkhaus wird das wohl gehen.

Genau das war meine Stimmung. Mal gucken, was die Macherinnen so machen. Und es wurde ein sehr lehrreicher und amüsanter Workshop. Amüsant, weil die Dramaturgin und Workshopperin so herrlich intensiv überfloss in ihrer Liebe zum Theater, ihr Wissen teilte und sich dann immer wieder auf Kurs zwang, dass wir uns präzise über Details unterhalten, distanziert über Licht, Klamotten, Szenen zu sprechen und doch verfielen wir immer wieder ins große Ganze, der Theatergeschichte, der Gesamtmeinung, um zu merken, dass Theaterbesprechungen vor allem eines sind: Gedächtnisübungen. Kein Rückspulen, kein googeln und alle et ceteras.
Seltsam für mich, eine Veranstaltung zu besuchen, die im Social Web zwar angekündigt aber nicht besprochen war, ohne Twitterer, ohne Facebook.

Über „Mr. Bill“ wollten wir sprechen, zuförderst. Den amerikanischen Liebhaber der Maria Braun.
Ich staunte, wie weit die Meinungen auseinandergingen, was gut so war. Viellfältig in Ablehnung bis Begeisterung.
Kann ich jetzt besser über Theater sprechen? :) Nein. Doch. Lust auf Fortsetzung hätte ich jetzt. Sprechen über Theater. Jawoll, jenseits des Smalltalks beim Sekt und nicht von der professionellen Kritik am Nasenring gezogen. Doch, hat Spass gemacht.

Was war denn dann lehrreich? Nicht der Faßbenderfilm. Obwohl ich schon staunte, dass der Skandal um den „Mr. Bill“-Darsteller Günther Kaufmann schon soweit vergessen war. Kurioserweise ging er ja (wahrscheinlich) für seine Frau ins Gefängnis, wie Herrmann Braun im Film.
Aber dann die Aufführung! Ich lernte etwas über das Theater. Theater als selbstständige Kunstform, die sich von der literarischen Vorlage emanzipiert hat. Ein dauerndes Mashup. Und ich konnte das sogar genießen. Obwohl mich genau das einst aus den Theatern trieb. Ich kann das auf einmal genießen. Manchmal bestaune ich mich von innen schon…

Und da waren:
(Ich möchte nicht zu viel spoilern, das Stück läuft auch noch in der nächsten Spielzeit.)
Die offene Drehbühne als Filmersatz, grandios. Ein Haus, das gebaut wurde, wortwörtlich, die Filmvorlage eingedampft zu einer Stunde, was der Story sehr gut tat. Der Mord fand nicht statt und die Radioeinlagen von dem Wunderbern war auch weg. Eine neue Geschichte, mit Liebe zum Detail. Für mich wurde das Nachkriegsgefühl besser dargestellt als im Film. Faßbender erzählt aus der Sicht des deutschen Herbstes, eher eine Tirade über die Ehe als solche und die Verfehlungen der Politik im kalten Krieg des Jahres 1979.
Das Theater machte aus einem Film Theater und aus einem Theaterstück ein Film.
Bei Maria Braun kokettiert die Regie eindeutig mit dem Film, in der Projektorszene zitiert sie ihn sogar direkt, deutet an, spielt und das mit „in die Kiste steigen und mit dem Deckel Sex dasrtellen“ war unnötig, platt, doch, sonst aber fast alles vom Feinsten. Die Szene zum Beispiel, als Maria Braun ihren ersten Vertragsabschluss erschläft, als Porno-Parodie fast gerappt, bis sie das „Fuck me“ brüllt, war eine große Idee.
Schauspieler, die Hand anlegen beim Szenenumbau, Techniker live auf der Bühne, zu erkennen an den Sicherheitsschuhen :). Transparente Bühne, wie ich das liebe.

Draußen vor der Tür als Fake-Nico-Hofmann-Film, auch eingedampft zu erträglicher Monologlänge, unexistentialistisch, zu einem großen Teil als Film auf die Bühne projeziert, als unechtes Playback, Chöre, Schlagwerknummern und doch alles mit Respekt vor dem großen Text von Borchert.
Ein Beitrag der Mannheimer Traditionsbühne zur gesellschaftlichen Diskussion über die Darstellung von „Aufarbeitung“, eine klare Absage an die seichten, geschichtsverschönenderen Peinlichkeiten des Mannheimers Nico Hofmann.

Theater kann doch noch etwas. Doch. Es ist entmystifiziert, ohne die Empathie zu verlieren, im Gegenteil. Der Autor ist nicht mehr einsames Genie, sondern Teil einer Arbeitsgemeinschaft, die Kunst auf die Bühne bringt, Theater. Obwohl just an diesem Sonntag die FAZ/FAS (hier online) das Theater als “den himmlischen Abhub der „unbegreiflich hohen Werke“ ” fordert, kann sie behalten. Dann doch lieber Bürgertheater. Was heißt doch? Doch, eben.

Und wer dieses Blog kennt, weiß was jetzt kommt. Sprechen über Kunst, Kultur, hier Theater, heißt für mich sprechen über das, was in mir ausgelöst wird, ob es mich erreicht, wie es mich erreicht. Es ist mir zunächst vollkommen egal WIE Kunst das macht, welche Pinsel da welche Technik ölt, wie der Schauspieler mein inneres Lächeln erzeugt. Ersiees haben es gelernt, ich nicht, das pinseln und tänzeln.

(Nächtens in die Hitze geschrieben, das Theater war schon vewaist)

Mashup

Wie ich es hasste
wenn sie vom Spieß
grölten nach dem 3. Bier
auf den Nierentisch
hieben und was sie
für tolle Hirsche waren
beim Adolf und die Toten
weinten auf ihren Feldern
die vom Verein pflegen sie
doch Es roch nach Scheibletten
und stramm war der Max
auf Käseigeln zu Eierlikör
und damals in Bern
sangen wir aus Trotz
aus Trotz weil wir uns
nicht trampeln lassen
laut die erste Strophe

Zuhören hätten wir
sollen und nicht wegrennen
zu Elvis und AFN
Zuhören und nicht selber
vom Spieß erzählen
in den gleichen Kasernen
bei unserem kalten Krieg

(Zu Borchert schrieb ich ja gestern schon.)

So ein Theater

(Ein Freitag Abend in Mannheim)

Kreischend herrliches Licht gestern Abend, für mich unknipsbar, die widerspiegelnden Wellen auf dem Neckar, ein Schwan, der in die Wellensonne tanzt, vor den Schornsteinen der in Mannheim allgegenwärtigen Industrie, kraftstrotzend im Hintergrund. Es riecht nicht mehr nach Schokolade zur großen Moschee hin, schade.

Die Straßenbahnen umgeleitet, ein Spaziergang den Fluss entlang, der bald münden wird. Ein Lieblingsort in Mannheim: Strümpfe im Jungbusch, der Supperart Club. Eric lässt mich mit einem Bier alleine die Videos von Ruth Hutter ansehen, die Fotos. Eine drei viertel Stunde alleine in einer Galerie mit zwei absolut faszinierenden Videos. Diese kurzen Momente, zu bedauern kein reicher Mann zu sein, diese Videos im Wohnzimmer, aber was soll das. Durch die Basare in den G&H Quadraten, vorbei an überfüllten türkischen Friseursalons zum Stadtfest und den diesjährig-freitaglich schaurigen Coverbands. Keine großen Namen diesmal. Das Geld wird wohl klamm, wie lange wird es das Fest noch geben? Geboren, weil die Fastnacht ausfiel, als Busch den Irak bombte.

Rotweiße Fähnlein überall. Erst auf den sechsten Blick kann man das Wort „teater“ lesen. Die Welt feiert Theater in Mannheim. Man schämt sich wohl Werbung dafür machen zu müssen. Für dieses Festival. Die Stars des ersten Abends, in Außenwirkung? Der Kurator, ein Journalist. Der Journalist will seinen Nannenpreis einschmelzen, weil Herr Nannen ein Nazi war? In den Online-Gazetten ganz kleine Meldungen, die Nannenschüler und die gerne-es-gewesenen, schämen sich wohl, ein wenig. Abgeschlagen ein Regisseur. Entschuldigung ein Starregisseur. Darum herum tanzt die Politik alle Couleur, man will sich sonnen, für das Wahlvolk am Sonntag.

Um das Theater die nächsten Stars des Theater-Festivals: Architekten aus Berlin, die um das Theater eine Wagenburg bauten, die sie Hotel nennen. Wo die Tweeties sitzen. Den Hashtag #TdW14 verwendet kaum jemand, warum auch, das ist ein abgeschottetes Universum. Ich habe den Twitteraccount entfolgt, da wird nicht kommuniziert, wie der Twitteraccount des Nationaltheaters sonst auch nur ein Facebook-Bot ist, der PR betreibt.

Das Theateruniversum. Dort, wo man unter sich bleiben will, wo der Pöpel vom Stadtfest nicht in die Kultursuppe spucken darf. Theater-Hotels zum Besichtigen nur via Eintritt. Es gibt auf der Website des „teater“ ein Kartentelefon, ein Kartenfax, eine Karten-Email, Online-Karten nur über die Java-Katastrophen-Ticket-Bestellerei des Nationaltheaters.

Eine Uraufführung einer Nobelpreisträgerin, eigentlich Nebensache. SchauspielerInnen-Namen im öffentlichen Raum? Ah, na, es reicht der Starregiesseur und der Kuratorname. Der OB und die grüne Ministerin mit ebensolchfarbenem Hofstaat, man will ja kulturell, nicht wahr.

Das Theater ist verkommen in der öffentlichen Wahrnehmung. Es ist kein Leitmedium mehr, schon lange und hat seine Nische nicht gefunden. Im öffentlichen Raum. Reduziert auf die Etats der öffentlichen Hände. Hochsubventioniert für eine Minderheit, der ich ihr Theater ja gönne und doch unfähig seine Angestellten würdig zu bezahlen.
Aber was geht mich das an?
Ich werde heute nicht nach Mannheim fahren, aber bald wieder, dann ist gewählt und das Theater bleibt eben links liegen.
Ob ich doch einmal gucke, ob da auch Theater gespielt wird? Von AutorInnen geschrieben, inszeniert, wie die sich das dachten?
Eigentlich habe ich keine Lust nach diesem Theater.
Aber mal gucken, wo Ruth Hutter demnächst ausstellt? Aber ja!

(Dieses Theaterbashing nur geschrieben wegen einer Nachtkritik, die fast zum selben Schluss kommt aus anderen Gründen)

Twitter-Theater


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(Überlegungen, auf Sehnsüchten beruhend, ausgelöst durch den Tweetup im Theater Heilbronn, siehe hier.)

Theater!

Ein uraltes Format. Einst das Leitmedium. Es gab ja kein anderes. Hat den Buchdruck, das Radio, den Film, das Fernsehen überlebt. In zich Variationen. Und doch ist es elitär. Muss seit eh und je vom Souverän gestützt werden, wenigstens bei uns. Auch wenn der Souverän, zumindest steuertechnisch, das Volk ist. Aber im Prinzip könnte heute jeder ins Theater gehen. Theater war meine erste Liebe. Ich spielte und schrieb.
Und dann kam das Regietheater, das oft sehr grausam mit den Autoren umspringt, die Lust professionell zu schreiben ging, auch angesichts der Verdienstmöglichkeiten. Und ich ließ es, wandte mich der Lyrik zu, dem Dialekt, fern ab des Betriebs. Langsam aber sicher gibt es eine Wiederannäherung. Und die Lust zu schreiben. Nicht mehr zu inszenieren, zu spielen. Kein Amateurtheater mehr.
Und dann kam Twitter.

Ich wollte Twittertheater, siehe hier und das nicht nur wegen der Twittertheater-Woche. Interaktiv. Mit drei Ebenen: Bühne samt Twitterwall (eine Einblendung der Tweets auf Leinwand oder ähnlichem), Twittern aus dem Publikum, Twittern weltweit, per #Hashtag (ein Schlagwort, zum Auffinden von Tweets zum gleichen Thema.)

Was ist letztendlich die Faszination von Theater? Reale Menschen agieren in Echtzeit, es bringt Menschen in einem Raum zueinander.
Was ist die Faszination von Twitter? Menschen schreiben in Echtzeit, agieren (manchmal) weltweit miteinander. Und manche machen eine Kunst daraus, bemühen sich zu mindest darum.
Das uralte Medium Theater öffnet sich den neuen interaktiven Medien in elitärer Form, weil alles live, transparent geschieht und doch weltweit ist. Keine statische Verfilmung, keine Fernsehübertragung, was natürlich genauso möglich wäre. Twittern als literarische Spontan-Kunstform.

Wenn denn Theater Menschen real zusammenbringt, als Kunstform und die Welt draußen soll teilhaben, dann müssen Twitterer AUF die Bühne, als Person und in Echtzeit via Smartphone, Rechner, Tablet, das entscheidet das Bühnenbild. Facebook etc. scheidet für meine Begriffe aus rechtlichen Gründen aus, da sich das Netzwerk Urheberrechte an den Veröffentlichungen in den AGBs vorbehält und auch als Kunstform weniger taugt, die Begrenzung auf 140 Zeichen von Twitter ist alleine eine Herausforderung. . Aber Teilhabe via Social Media kann nicht „geschrieben“ werden. Verabschieden wir uns von einem „genialen“ Autor. Es lebe die Regie, die Dramaturgie und das Social Network.

Twittertheater wäre daher eine Art Spektakel. Feste Größe dabei: Twitterer auf der Bühne, die live dazu schreiben. Als Kunstform, immer in der Gefahr auch zu scheitern, dem Sport ähnlich. Die dramatische Spannung im vorher, in der Vorstellung und danach.

Die Idee von Christian Marten-Molnár in Heilbronn zu Satie Texte von Sibylle Berg zu spielen brachte mich auch weiter! (Siehe hier)

Die erste Ebene, die Ideengebung bringt das Theater. Egal ob Musik, Text, Ballett, Performance, was auch immer.

Die zweite Ebene bringen die engagierten Twitterer ein, mit fest vom Theater eröffneten Accounts auf einer Twitterwall auf der Bühne. (Ich könnte mir vorstellen, dass die Firma Twitter, Inc. durchaus gerne kooperiert, dies offiziell macht.) Und die erste Ebene interagiert mit der Zweiten, in dem im Wechsel mit den Vorstellungen (wahllos?) ausgesuchte Tweets vorgelesen werden, stellt sie damit auf eine Stufe.

(Die Tweets werden archiviert und zweitverwertet. (Steht so im Vertrag mit den Twitterern. Ich schlage vor den Autoren-Twitterern die eigentlichen Rechte zu belassen, dem Theater aber eine zeitlich begrenzte Verwertungsrechte einzuräumen, aber bin ich Jurist? Wie auch immer. Gedruckt als Buch, als eBook, gedruckt auf einer Paperwall im Foyer???? Als Analogbotschaft.de etc.)

Die dritte Ebene ist eine Twitterwall für den #Hashtag weltweit. (Überwacht, damit notfalls bei Missbrauch (politisch, homophob oder Ähnliches) abgeschaltet / gefiltert werden kann.

Da dies hier ja keine theaterwissenschaftliche (oder sonstwissenschaftliche) Abhandlung sein soll und will, sondern nur eine Anregung, skizziere ich einfach einmal ein Spektakel, von dem ich nicht annehme, dass es zustande kommt, einfach als Verdeutlichung!

Was ist eine Bühne anderes als ein dreidimensionaler Monitor?
Also ist die Bühne umrahmt, wie heute auf Websites üblich. Links und rechts als „Sidebars“ die Twitterwalls. Oberhalb der „Header“ auch eine „Leinwand“ auf der Werbung für das Theater läuft. Trailer für kommende Veranstaltungen, alte Inszenierungen etc. Ein Liveticker mit Meldungen, wie bei CNN, in meinem Fall wären es Meldungen zur politischen Lage im Elbenland. Immer durchbrochen mit einem Bild eines Brust abhörenden Menschen.

Auf der Bühne ein Großraumbüro, in dem 5 Twitterer an Rechner mit dem Gesicht zum Publikum sitzen. Auf einem Sockel steht als „Denkmal“ DER Dichter und deklamiert in hohlem Pathos Gedichte, allen voran die Glocke und populäre Zitate wie: „Das ist des Pudels Kern“, „Pappenheimer“, „Da steh ich nun, ich arme Tor.”. Zu seinen Füßen zwei „moderne PoetInnen“, klein gekuschelt, auf Kindergartenstühlchen die korrespondierende surreale/gaga Gedichte aus dem Netz deklamieren, im Stil der 20iger. Sollte ich das wirklich machen, wären welche von mir dabei :)) (Rechte klären nicht vergessen).

Als Einlagen Musik-Performance wie z.B. von Dorothé Hahne (siehe hier). Seitlich im Büro der „Vorgesetzte“ der Twitterer, der ab und zu „kontrolliert“ und Tweets vorliest.

Aus dem Publikum, via Eintrittskarte ausgelost ein Zuschauer, der Tweets von der #Hashtag Twitterwall vorliest.

Falls Pressevertreter anwesend sind, werden sie auf die Pressebank auf der Bühne ganz hinten gebeten.

Im Hintergrund druckt jemand die Tweets aus und legt die Blätter den Tweetern auf den Schreibtisch in einen Ablagekorb.

Dauernd unterwegs ein/e Maler/in, die Schnellporträts erstellt und in einem Rucksack aufbewahrt. Maf Räderscheidt würde das bestimmt können :))

Dazwischen ein Fußballer, der unerklärt im Vordergrund ab und an einen Ball über die Bühne treibt.

Geleitet wird das Ganze vom Inspizient, der offen sichtbar das „Stück“ via Mikrofon laut lenkt und die einzelnen Gigs für alle hörbar aufruft.

Und ewig zieht die Tweet-Karawane der Twitterwall entlang.

Ab und zu wird in die Twitterwalls Werbung eingeblendet, aber als reales Schild, von der Bühnentechnik davor gehalten. Ich würde „echte“ Werbung von (lokalen) Sponsoren bevorzugen, müsste doch machbar sein.

Das Ganze als Allegorie der Reizüberflutung im Netz. Alles auf einem Bildschirm. Es ist unmöglich alles zu sehen, zu hören zu verarbeiten, man ist gezwungen zu selektieren.
Ein Stück, wie einige von meinen, die keinerlei roten Faden haben, ähnlich meinen Gedichten, die nur Aufhänger für das eigene Kopfkino sein sollen.

Ich würde dafür eine Zeit von 60 Minuten veranschlagen. Danach gibt es eine 2.Halbzeit. Die Muisk-Performance lockt als Rattenfänger das Publikum ins Foyer. Das Bühnenpersonal geht mit, es wird dort leise weiterdeklamiert, durch das Publikum wandernd. Die Tweeter verkaufen ihre Tweet, wie die signierten Porträts der/die Maler auch.

Die Werbeschilder werden durch das Publikum durch das Publikum getragen.

Nach ca 45 Minuten erklärt der Inspizient das Schauspiel für beendet. Das Personal verlässt das Foyer. Stille kehrt ein.

Und jetzt weiß ich nicht, ob so etwas funktionieren könnte. :)

#relup Ein Tweetup in Heilbronn.

Besuch einer Hauptprobe zu:
Relache – Heute keine Vorstellung
Musiktheaterabend von Erik Satie
Kooperationsprojekt mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn

Tweetup im Theater. Musste ich hin. Ich konnte mir nicht vorstellen, was die Gagamusik von Satie mit SpOn-Texten zu tun hätte und was das alles für ein Theater sei. Aber hei! Twitter! Wie lange schon wollte ich schon Twittertheater machen. Aus dem Theater hab’ ich schon getwittert. Da frag ich nicht groß.
Ich erkläre das Tweetup gar nicht erst. Es steht auf der Homepage des Theaters, das Gott sei Dank nicht KätchenKnorr-Arena heißt, trotz bestimmt schmalem Budget :)) Kommt einem so, wenn man über Hoffenheim dorthin fährt, nach Heilbronn. Aber das klingt so spröde auf der offiziellen Theater-Seite, dabei hat @SchroederKatrin (Online/Presse&Co, Theater Heilbronn) seit Wochen auf Twitter getrommelt. Der Regisseur Christian Marten-Molnár folgt mir als @Kultureller auf Twitter, das ausführende Orchester twittert als @WKO_Heilbronn.
Das läuft schon recht smart, waren ja auch über 20 Leute da.

(Das Theater hat alle Tweets in einer Storify zusammengefasst, kann man also alle nachlesen. Meine Tweets gibt es hier. Zur Datenredundaz beitragend wird das hier nicht wiederholt!)

Ich verwahrte also meine Vorurteile in den Tiefen meines Rucksacks und ließ mich einfach überraschen.
Ganz schnell merkte ich, dass mir das gefiel. Kein umgekrempelter Klassiker, zur Unkenntlichkeit theaterregiert, sondern schräge Musik zu den Artikeln von Sibylle Berg, die auf einmal wirkten, herausgerissen aus dem SpOn-Umfeld zwischen (ihhh) Fleischhauer, Augstein und Sascha Lobo.
Sie twitterte später sogar mit mir. Das Ganze dezent-komisch umgesetzt, die Texte formidabel gespielt, nicht gelesen.

Vom Dramtaurgen Johannes Frohnsdorf klug eingewießen und knackig schnell hintergrundgebrieft teilte uns der Regisseur ein: Zuschauerraum, Orchestergraben, Seitenbühne=Backstage. Natürlich ging ich seitwärts. Lies mich baumeln. Und twitterte und dann kam es: Die Bergschen Verächtlichungen von “normalen Arbeitnehmern”, ein Lieblingsthema von ihr auf SpOn. Ich hatte ja schon hier auf dem Blog gemeckert. (Die Kommentare sind wegen Spam gerade zu, ich ziehe das demnächst nach WordPress um).

Aber gespielt wirkte das! Nur! Ich twitterte sofort:

Doch, natürlich gab es Rechner Backstage. Mit Theatersoftware, hhm, mein innerer Nerd wüsste da auch mal genauer… Sei’s drum. Arbeit ohne Computer gibt es seit Ende der 60iger Jahre nicht mehr. Auch wenn das noch via Lochstreifen, Lochkarten, ging und dann am Terminal. Und mein Vorurteil plärrte; “Keine Ahnung von der Arbeitswelt”.

Aber genau vor mir saß die Requisite. Mit Sicherheitsschuhen. Aufmerksam, fit. Und ertrugen uns Twitterer. Ich weiß doch noch, wie das ist, wenn man von hinten bei der Arbeit beobachtet wird. Sicherheitsschuhe, keine Helme :))

Ich rief mich zur Ordnung. Nach 3 Wochen im Ruhestand kroch der alte Sicherheitstrill hoch. Ich suchte nach Arbeitsanweisungen und es klickte! Das ist alles Arbeit, für die Theaterleute, sie ließen uns an ihrer Arbeit teilhaben, die ihnen offensichtlich Spaß machte. Mich hätte wirklich interessiert, was die Backstage-Truppe von dem Getweete hielt, die Schauspieler.
Ich fragte mich sowieso, ob die Truppe in den Unterbrechungen, während sie warteten, einfach gut d’rauf waren, oder ob das eine Sondervorstellung für uns war. Ich schätze die waren alle älter als ich. :)) Deutlich hörte ich jemanden das Esse-Musse-Wassa zur Stimmblildung murmeln. Nein, ich will jetzt gar nichts wissen, von Theater-Tarif-Verträgen, Arbeitszeiten. Das Theater Heilbronn gewährte uns eine Stunde Einblick in seine Arbeit. Was ich hoch einschätze. War gut. Hat Laune gemacht. Auch wenn ich mich als Teil einer Inszenierung fühlte. Außen die Twitterer, innen das probende Volk. Teil einer PR-Kampagne. Warum auch nicht? Win-Win.

Ich wäre ja jetzt versucht nach Berlin zur @nachtkritik https://twitter.com/nachtkritik zu fahren (ich wurde heftigst aufgefordert), wo Frau Schröder (siehe oben) etwas über Tweetups erzählt, aber nein. Ich habe so viel vor, die nächste Zeit, im Mai sind 2 Lesungen, es kocht was in der Nachbarschaft und ich hätte da endlich eine durchschlagende Idee für mein Twittertheater! Ich melde mich hier, wenn das wirklich tragfähig ist!

Danke für einen schönen Tag, Theater Heilbronn, samt Crew.

#ttw13

Dies sollte eigentlich ein Kommentar bei Nachtkritik.de werden, aber der Text scheint zu lange zu sein. Also stelle ich ihn hier ein! Zur Vorgeschichte und dem Artikel mit allen Erklärungen geht es hier:
“5 Tage, 5 Theater, 5 Stücke – die erste Twitter-Theater-Woche Second Stage”

Vorab: Ich habe vor Jahrzehnten Theater geschrieben. Für Amateure. Die großen Häuser interessierten mich immer weniger, zu viel Selbstreferenz, Arroganz in den 80igern. Irgendwann ist Mensch auch nicht mehr in der Lage abends oft Theater zu sehen und morgens früh zu arbeiten. Ich entfernte Theater aus meinem Leben. Bald werde ich in Rente gehen und die Zeit ist wieder da. Und siehe da: Ich entdecke auf den Spielplänen der Theater viele Dinge, die mich interessierten. (Ich wohne in der Metropolregion Rhein-Neckar und erreiche zwei 3-Spartenhäuser mit der Straßenbahn). Und ich twittere, gern und viel, schon im zweiten Account. Und da kommt die #ttw13. Genau das was ich zu dieser Wiederannäherung gut gebrauchen könnte. Ich begann in Bochum mitzulesen, streifte Berlin und Hannover und meine Vorurteile wurden bestätigt: Können die (noch?) nicht. Das waren Klassentreffen oder Alumnitreffen. In Hannover twitterte man den Text. Hallo? Aus dem Zusammenhang gerissene Sätze? Aber das Residenztheater in München machte dann alles richtig. Spass, Information, die Regie miteingebunden, der Text im Ursprung im Netz frei verfügbar, der gelungene Versuch “kultiges” mit Nussecken zu etablieren, nichts war aufgesetzt. Aber die Hauptsache war der Tweetup. Einfach Menschen mit Smartphones in die vorhandene Statistenmenge unterzubringen und mit Steckdosen & Freibier zu versorgen. Genial. So weit man das per Tweetverfolgung mitbekommen kann.
Also ich wurde neugierg auf “Die Flegeljahre”.
Aber alle Vorurteile sind noch nicht weg. Geistig sehe ich die Hornbrillen deutscher Nation, die genau dies als den Untergang des theatralen Abendlandes sehen. Spass ist unernst und die Welt ist eben schlecht. Oder liege ich da auch falsch?
Interessant in diesem Zuhammenhang: Wieweit lässt sich das professionelle (und nicht gerade üppig dafür bezahlte) Personal der Theater mit dem “Zuschauer” ein, der ja “Amateur” ist, nichts vom erstudiertem Theater versteht, dem das “epische Theater” von Brecht oder nicht lyrisch egal ist, zunächst, der einfach ins Theater geht, als bezahlte Abendunterhaltung (sic!)? Will man wirklich wissen, wie der dann mittätige “Zuschauer” denn tickt? Wie wird Theater interaktiv erlebt? Darf man einfach so twittern, auch wenn das gar nicht “offiziell” ist. Ich mache so etwas schon. :)) Nehme meine Timeline mit,wenn auch nicht ins Theater, stelle vor, was ich erlebe, kommentiere. Nicht dauernd sondern punktuell.
Was sagt die professionelle Kritik dazu? Oder auch hier die Nachtkritiker, die auf einmal Konkurrenz in der Deutungshoheit bekommen? Kreti und Pleti äußern Dinge, wie zum Beispiel dieser Kommentar von WEM?
[update 15.12. :] Ich lache Tränen, genau so dachte ich es mir, die FAZ hat nix verstanden und nennt mich “jemand” Siehe hier![/update]
Vorschläge habe ich ja schon getwittert. Sind im Hash #ttw13 nachzulesen. Nur noch einer: Ich hätte gerne eine “Kultur-Serie” in einem Tweet-Ereignis. Musik (ganz weit gesehen), Oper, Jazz, Hipp-Hopp, Theater, Ballett, Kunst, Performance, was auch immer, von mir aus auch via Radio oder Fernsehen mitverbreitet (live UND medial). Damit nicht nur #tatort oder #esc die trending Topics erreicht oder der Fußball.
Aber vielleicht (die Vorurteile verbreiten sich gerade wieder) ist genau dies ja erwünscht. Die “Hoch”-Kultur bleibt lieber unter sich, schön nach Sparten getrennt, bis die Demographie gnadenlos zuschlägt und die Finanzierung deselben in den Schuldenbergen der öffentlichen Hände ganz implodiert.
Aber was solls: #ttw13 war ein rasend interessantes Experiment. Danke dafür. Und die Hoffnung bleibt.

Twitter-Theater

Twitter-Theater: Beamer, Mensch am Rechner, go, live! Public. Das wärs. Öffentliches twittern. Eintritt? Aktion? Crossover? #begeistert

twitterte ich sorglos vor mich hin. Das war einfach eine Schnapsidee, einfach so hingesagt und ja, seitdem lässt mich das nicht mehr los. Es ist auf einmal mehr als eine Schnapsidee, das hat Potential.
Ich sehe es vor mir. Ein Mensch sitzt an einem Rechner auf einer Guckkastenbühne. Das Publikum sieht live seine Tweets auf Leinwand und sonstige (Netz)-Aktivitäten (Blog?) und die agierende Person nur mit dem Rücken. Die Stimme der handelnden Person kommt nur via Skype über die Lautsprecher. Interaktion mit anderen gibt es nur als Twitter-Replies / Mails. Eine Story gibt es via youtube. (vorgedrehte Teile / Musik / Tanz).
Der Mensch dort ist nicht unglücklich, nicht einsam, obwohl allein oder doch zutiefst einsam? Ich will weder ein Umjubeln des Netzes und seiner Interaktivitäten, noch das Gegenteil, die Ankündigung der entmenschlichten Kommunikation darstellen, sondern zweifeln lassen, lachen lassen, heulen lassen. Und das tatsächlich interaktiv.
Die Tweets des Schauspieler sind zwar im Stück vorgegeben, aber sie werden jede Vorstellung wieder ins Netz gesetzt und das Netz kann mitlesen. Mitreden, mitfühlen, mitlachen und das alles darf nur das zahlende Publikum, denn nur das wird gefollowt, kann lesbare Replies setzen. wLan müsste es geben.

Ob ich mir das antun soll? Eigentlich wäre das etwas für eine freie Theater-Kompanie.
Ich muss nachdenken, setzen lassen. Nein, so ganz neu ist das nicht. Schon bei meinem ersten Stück 1970 arbeitet ich mit (Dia-) Projektionen und interaktiven Elementen.

Hhhm.

Wunder der Prärie, Theater, Spreadsheets und ALPträume

Da läuft mir also einfach so ein Projekt quer vor das Fahrrad:

Wunder der Prärie,

Das Festival von Zeitraumexit in Mannheim. Einfach so. Die Presse von heute Morgen hatte ich wohl übersehen und dann stand die Tür zur Feuerwache weit offen. Und ich sah Häufchen und Säcke, von einer freundlichen Dame eingeladen. Säcke voller Rice.

Of All the People in All the World (Germany)
Stan´s Café, UK – Birmingham – interaktive Theaterinstallation
Wunder der Prärie, Theater, Spreadsheets und ALPträume weiterlesen