Vergessen Sie nicht ihr Handy wieder einzuschalten!

(Aus der Reihe Twittertheater #unvollendetfurchtbar)
Vergessen Sie nicht ihr Handy wieder einzuschalten. Hat Sie je irgendwer daran erinnert? Dauernd und überall werden wir daran erinnert es auszuschalten. Damit nix klingelt, nichts dröhnt, damit im Halbdunkel der Bühnen und Säle die Kunst alleine schwebt und küsst, drangsaliert, damit alleine alles von oben kommt, dort droben, wo die Kunst alleint und uns teilhabt an der Muse und dero Anapage. Und niemand sagt, dass wir es danach wieder einschalten dürfen. So lange es keine Apps gäbe, die es uns erlaubten, an der Gaderobe, kurz danach, im Rausch der Sinne, Karten, oh Verzeihung, gnäfrau, Tickets für das nächste Ding online booken könnten, wo wir wieder das Handy ausschalten müssen, weil es doch stört.
Und dann wird auf den Bühnen wieder gefochten und aus Musketen geschossen. Bomben fallen nie auf den Bühnen, es sei denn die echten. Aber das sind dann Angriffe auf die Kultur, barbarisch.
Es finden auch nie Feuergefechte statt, aber gerne Degen-Gedingse. Die Laser-Schwerter der Yedi-Ritter im Atomgestöber des Todesterns sind so Theater mit Video.
Vergessen Sie nicht nicht ihr Handy wieder einzuschalten. Es könnte sein, dass Wagner anruft, weil ihn Mozart küssen wollte. Und keine Nachtkritik via Twitter & Co. Das kennt der Peymann nicht oder was es der Paymen? Vergessen Sie nicht ihr Handy wieder einzuschalten und es zu benutzen. Gleich sofort. #hashdentag

version 4.200x


osterhase
klapperstorch
weihnachtsmann
gesundheitsreform
generationenvertrag
atomenergiekonsens
rammelnder osterstorch
blondgefärbter klapperhase
geiler pfingstenchristkindmann
wie wünschen ihnen ein fröhliches osterfest

entstanden 2001/ hatte ich auch da hinein gepackt

Amateurlaie

(Aus 4/2006 #ausgruenden neu betitelt und aktualisiert)

Wir sind doch alle Amateure. Banausen. Kostverächter. Schweine, vor die man Perlen kippt. Es kommt nur auf das Sujet an, die Sparte, den Gegenstand, das Medium oder was auch immer. Nur die intensive Beschäftigung mit etwas führt in die Tiefen des Dings an sich oder die Höhen des Erlebnisses desselben. Nur wer selbst Fußball gespielt hat kann die „Feinheiten“ eines Spiels, einer Taktik, einer Spielerpersönlichkeit wirklich beurteilen. Nur wer wenigstens ein Instrument soweit beherrscht, dass er „vom Blatt“ spielt, kann wirklich erahnen, was hinter den Noten steht, die Struktur genießen, Zusammenhänge hören. Es dauert lange, bis man sich an lyrischen Feinheiten delektieren kann, sich fallen lassen kann in Bilder, jenseits der Metrik, man sollte sich durchgefressen haben durch die alten Schinken, die Jamben gezählt haben, die Silben, die Zeilen. Ist es nicht unabdingbar wenigstens zu wissen, wie eine Leinwand grundiert wird, welche Pigmente der Markt hergibt, hergab, um eine Gemälde ernsthaft betrachten zu können? Muss man nicht die philosophischen Grundlagen des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik verinnerlicht haben, um die Raffinesse eines neuen Motordesigns würdigen zu können? Ist es nicht unbedingt notwendig die geschichtlichen Verästelungen der Makroökonomie verinnerlicht zu haben, um die Kurssprünge der Dax-Aktien mit Vergnügen kommentieren zu können?

Muss man nicht unendlich viele Seminare besucht, Bücher gelesen haben, Zeitschriften durchwühlt, Szenen durchgessen haben, um kompetent über die neue Variation von Spargelsalat parlieren zu können, während das richtige Löffelchen an das vorgeschriebene Gläschen tippt, in dem sich der einzig wahre Wein befindet, der nussig-mandarin daherströmt?
So. Und alle anderen? Also alle! Denn wer ist denn wirklich ÜBERALL kompetent, siehe unserer aller Quizfimmel. Das treibt mich schon eine Weile um, das Thema. Der Amateur, das unbekannte Wesen.
Zum Beispiel: Darf Amateur Bilder betrachten, sie kommentieren, darüber sprechen oder gar schreiben? Die Frage ob Amateur überhaupt schreiben darf stelle ich nicht, das Wesen der Blogs oder sonstigem will ich hier nicht untersuchen, ich unterstelle einfach, dass er das darf, er macht es einfach. Was schreib ich da? Er macht es einfach. Vielleicht, wenn er sich traut.
Ich will es demnächst wieder versuchen. (Ich wollte es würde jemand mal bei meinen Gedichten versuchen.) Über Bilder schreiben (zu Anfang), obwohl ich eigentlich nichts von Kunst verstehe, keinen wirklichen Überblick der Szene habe, mich nur an meinem Empfinden, Fühlen und Denken orientieren kann. Ich werde nicht darüber schreiben, was mir NICHT gefällt und mir gefällt vieles nicht, sondern ausschließlich meine Gedanken aufschreiben, die mir beim Betrachten kommen. Die Empfindungen aufschreiben, die mich befallen, die Bilder die damit erzeugt werden. Und das kann ich. Gut sogar. Es geht mir nicht darum zu ergründen, was der Künstler, Autor, Macher denn mir mitteilen will oder auch nicht, welche Gattungen gestreift sind, welche Techniken eingesetzt wurden. Ich werde nur aufschreiben, was in Gang gesetzt wurde, oder ob ich nichts empfand, die Hirnrinde nicht heiß lief. Keine Kritik, sondern die totale Subjektivität. Das Einlassen auf ein Kunstwerk, wie es wirkt, nicht wie es ist oder sein sollte. Bei dieser Art der Beschreibung ist die „Höhe“ eines Werkes auch vollkommen nebensächlich. Wesentlich entscheidender ist MEIN innerer Zustand. Ich teile mehr über mich mit, als über das Werk. Um es anhand eines branchenfremden Beispiels zu erläutern: In den Armen des richtigen Partners zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen hormonalen Dosis ausgestattet ist das Lied, zu dem Paar tanzt unerheblich. Es könnte sich sogar um Volxmusik handeln, total verkitscht, was Mann/Frau NIE anhören würde. Und doch wird im Kontext etwas vollkommen anderes gespeichert. So meine ich das.
Vollkommen subjektive Betrachtungen eines Themas, eines Werkes. Manchmal sogar ein Text als Fortsetzung mit anderen Mitteln.
Man wird sehen.

BüBü

(Ein internes Theaterkürzel, das mir als Wort gefällt…bübü…)
Mein Resümee zur Reise in die Tiefen der Bürgerbühnenwelt
Meine Spaziergänge durch die Welten der Bürgerbühne nahmen mit der furiosen Jazz-Karaoke der Abschlussparty beim 2. Bürgerbühnenfestival ihr vorläufiges Ende. Es gab eine Preisverleihung vorher, aber da sag ich entgegen ersten Verlautbarungen vor Ort nichts dazu. Das bekomme ich nicht gedrechselt. Irgendwie haben halt alle oder ein paar gewonnen oder so. Man freut sich, siehe hier.
Ich sagte ja schon, dass ich mich vom Theater sehr weit entfernt hatte und wenn ich diese Bürgerbühnen-Erfahrung nicht gemacht hätte, würde ich jetzt wieder weit wegrennen, dieses Gewese um seine göttliche Hoheit Castorf und der Bildzeitungscheffe Döpfner soll im Darmstädter Staatstheater spielen…aber zu Sache Herr Bauer!
resum1

Das Bürgerbühnenfestival fand ich erfrischend, belebend, qualitativ besser, als ich erwartete. Aber das habe ich im einzelnen ja bereits besprochen. Da könnte auf Dauer wirklich etwas entstehen. Da wird Menschen Kreativität angeboten und letztlich das Theater geerdet, damit es im Nirwana der „Hochkultur“ nicht entschwebt, sich nicht in den Gefilden der walkürlichen Elysien verharrt, nicht dem Ego alter Männer verfällt, die ihr eigenen Egotrip-Denkmäler für das einzig wahrhaftige Theater halten und bekrawelen #hurz.
resum0Ich sah während der Vorstellungen ein waches Interesse der gesamten Theaterleitung, aufmerksame Verfolgung durch das Ensemble, das zahlreich bei den Vorstellungen die laientlichen Kollegen beobachtete. Da gärt etwas, so scheint mir. Ich bin gespannt, was sich entwickelt, wohin die Reise geht oder ob das Budget irgendwann nicht mehr reicht, wie sich die Politik dazu stellt, der Souverän, der das letztlich bezahlt.

Ich selbst habe aber keinerlei Bedürfnisse entwickelt, selbst spielen zu wollen. Das habe ich ausgelebt und außerdem, ob ich es schaffte mich willig einer Regie zu unterwerfen? :) Aber zusehen würde ich schon gerne. Ja, ich werde die Tickets lösen, wenn denn die nächsten Stücke in den Spielplan tickern.

Der Mouse-Clicker-Marketing-Club hat mir, trotz mancher zäher Momente, sehr gut gefallen. BüBü weiterlesen

Hey Jude

schilgen_lobbyIch bitte um Entschuldigung für den etwas albernen Titel, aber ich mag es, wenn Songs in Zusammenhängen ganz andere Bedeutungen annehmen. So hier dokumentiert, wenn RosaKehlchen „He’s a man, just a man“ singen. Gestern Abend sangen beim sehr amüsanten Jazz-Karaoke Mitglieder des „Mischpoke“-Teams mit Hingabe den Beatles-Song „Hey Jude“. Und wenn das Stück, das sie gerade spielten „Eine jüdische Chronik von damals bis heute“ gedeutet ist, dann gewinnt der Titel eben auch eine andere Bedeutung. Die Jazz-Kombo war übrigens sehr prominent und wird in Teilen als Dirk Schilgens Jazzgrooves im Theatercafé am 18.5 ihre neue CD vorstellen. Ich spar schon mal, die anderen CDs hab ich schon :)

Das letzte Stück im Reigen des 2. Bürgerbühnenfestivals:

Mischpoke
27.3.2015 20:30 im Werkhaus des Nationaltheaters Mannheim.
Die Bürgerbühne, Staatsschauspiel Dresden | Regie David Benjamin Brückel | Text und Dramaturgie Dagrun Hintze | Bühne und Kostüm Jeremias Böttcher | Musik Ketan Bhatti, Vivan Bhatti | Mit Nataliya Berinberg, Nichame Eselevskaya, Thomas Feske, Joshua Lautenschläger, Faina Lyubarskaya, Felix Lehle, Thomas Pfüller, Ehud Roffe, Katja Schindler, Guliko Zimmering

Das Staatsschauspiel hat das hier auf Facebook gepostet und ich das mal ganz frech eingebunden..

Unsere Bürgerbühnen-Mischpoke war gestern Abend zu Gast beim 2. Bürgerbühnenfestival — Ein deutsch-europäisches…

Posted by Staatsschauspiel Dresden on Freitag, 27. März 2015

Das war ein sehr bewegendes Theaterstück. Dresdner Juden spielten sich und ihre Geschichten. Auf einer umgekehrten Drehbühne, quasi, rollende, verbundene Wände, wie im Aufklappbilderbuch dekoriert, trennten die Kapitel. Zu Anfang war der jüngste Schauspieler auf das Dach gestiegen, dort war er auch einmal der “Fiddler on the roof” und zwischendrin tanzten die israelischen Techno-Rabbis. “586 v. Chr hat die Kacke doch angefangen. Babylonische Gefangenschaft und so”, tönte Ehud Roffe und meinte damit die jüdische Diaspora. Hey Jude weiterlesen

Hast du mich gerade fett genannt?

THEATER ÜBER KÖRPERBILDER heißes medium:polylux Künstlerische Leitung Nora Graupner Dramaturgie Melanie Hinz
Musikalische Betreuung Stephanie Krah Assistenz/Technik Maria Gebhardt Produktionsleitung Maike Tödter
NTM 26.03.2015

Ich würde hier nie im Leben über dicke Frauen posten. Aber das war ein Stück im Rahmen des 2. Bürgerbühnenfestivals. Ja, ja ihr kennt die Url schon. Die Damen aus Hildesheim sind wohl nicht auf Twitter, sonst hätten sie den “running gag” meines Post-Titels in ihre Show mit eingebaut. Das war eine hübsche Revue, von mutigen Frauen, mit ihren Pfunden wuchernd. Und ich twitterte:


Ich will ehrlich sein. Das war der schwächste Beitrag im #buefest, den ich sah und doch habe ich mich 75 Minuten lang nicht eine Sekunde gelangweilt. Das hatte was und doch träume ich….. das könnte man doch mit Bulemie-Frauen, fetten Männern und den Schwarzeneggers (dessen Muskeln die Damen küssten) mischen. Die waren so gut d’rauf die Frauen und sie spielen doch gerne Theater. Das könnte man doch als 2. Staffel? Jetzt stellt euch vor, diese tollen Frauen und spitzentanzende Bodybuilder und all der ernsthafte Hintergrund, wenn sich Frauen, die nicht essen können mit den “Dicken Frauen” im Club…. Man wird doch träumen dürfen…oder? Sie dürfen dann wieder fette Chips ins Publikum werfen, dass auch die hintern Reihen, hey ich hab nix abbekommen! “Hast du mich gerade fett genannt” wäre doch ein Titel. Gibt es da in Hildesheim nicht auch so eine Staatsbühne. Hallo, rüttel…

Lücken

(oder die Rückkehr der Gretchenfrage)
(Keine Rezension, wie schon gesagt, sonder die Beschreibung meiner Wanderung durch die Welt der Bürgerbühnen, meine innere Theaterimmigration öffnend. Mehr davon gibt es hier.)
Vorgestern im Nationaltheater Mannheim im Rahmen des 2. Bürgerbühnenfestes “Die Lücke” vom Schauspiel Köln.
EIN STÜCK KEUPSTRASSE VON NURAN DAVID CALIS Schauspiel Köln. Ein Stück mit eigenem Blog, auf der Website des Theaters, da scheint sich einiges zu tun in Köln, zwar mit nur wenigen Einträgen, aber immerhin!
Meine Begeisterung musste ich natürlich gleich meiner Twitter Timeline mitteilen.


Das war wirklich großes Theater! Eine hervorragende Arbeit von Nuran David Calis. Muss ich mir merken, den Namen. Er steht auf der Website des NTM nicht als Autor, sondern als Regisseur, tritt zurück hinter das Text schaffende Kollektiv. Partizipatorisches Theater. Es war erregend zuzusehen, wie das Schauspieler-Dreigestirn sich auf die Keupstraße begibt und lernt. Zuletzt die Wut der Keupstraßenbewohner teilt, sie vorantreibt, schier verzweifelt an der staatlichen Dummheit, Borniertheit, dem Rassismus in Staatsanwaltschaft und Polizei, der unglaublichen Arroganz des BI, der früher die RAF verteidigte, der Verzweiflung an dem Staat im Staate der vielen Geheimdienste, die scheinbar nicht von der Politik kontrolliert werden können. Die Lücken in der Erinnerung der Geheimdienstler vor Gericht, der Lücke in den Akten, die geschreddert wurden, die Angst, dass angesichts diese absurden realen Dramas um die NSU-Morde, die nach 10 Jahren noch gefühlt zwölfzig Untersuchungsausschüsse beschäftigt, die im Nichts wühlen, dass das große Vertuschen auf eine viel breitere Bewegung schließen ließe. Man hat da in Deutschland ja eine eindeutige Vergangenheit. Lücken weiterlesen