Kekse für die Pieta

Wilhelm Ruprecht Frieling: „Angriff der Killerkekse, Reportagen und Geschichten vom täglichen Wahnsinn” Internet-Buchverlag Berlin, 2. Auflage 9/2008 ISBN 978-3-941286-10-8 172 Seiten, Paperback, 14,80 €

Ganz neumodisch und auf der Höhe der Zeiten betreibt auch Wilhelm Ruprecht Frieling twitter-marketing. @Prinz_Rupi ist er dort und ein follower von mir, als @kurzdielyrik. Aufgefallen war mir Prinz_Rupi als Verfasser von tweets mit dem #hashtag #hochlyrik, eine Serie von höchst amüsanten tweets mit Knüttelversen. Warum um Himmels Wilhelm das alles dann aber kostenlos bei Amazon lulu liegt, anstatt exklusiv bei Twitter zu verbleiben verstehe ich nicht. Aber ich muss ja nicht alles verstehen. ein umtriebiger Mann, suchte er doch, oder sucht noch, Autoren für seinen Druckkostenzuschussverlag der etwas anderen Art. Ich will jetzt nicht moralisieren. Wer meint viel Geld für den Druck seiner Bücher ausgeben zu müssen, dem sei das unbelassen, es wird ja nicht verheimlicht da. [update] Prinz_Rupi hat seit Jahren nix mehr mit dem Frielingverlag zu tun und meine Einschätzung soll so nicht stimmen ;-)[/update] Nun also suchte @Prinz_Rupi Testleser via Twitter. Ja nun, dann testen wir halt. Das Buch kam prompt, dem Test-Twitterer handschriftlich gewidmet und gerade rechtzeitig um mit auf die Bahn-Fahrrad-Reise zur Bloglesung mitgenommen zu werden.
Aha, Internet-Buchverlag. Nun der gehört auch dem Wilhelm. Auch dorten sucht er neue Autoren, die bei Libri gelistet werden wollen oder so, gefunden hat er allerdings bisher nur sich selbst. Sei’s d’rum. Auch dort fühlt sich Frieling dem „New-Journalism” verpflichtet. Gonzo also. Nun, mit dem Etikett wurde ich auch schon belegt. Von Kennern der Szene. (*winkt einmal wieder über den Rhein, wo auch bald kurz gearbeitet wird). Wir gehören beide dem gleichen starken Jahrgang an, scheint alles zu passen, also dann wollen wir ‘mal.


Es sind amüsante Geschichtchen in dem Buch. Wäre ich Lektor, nun, dann würde ich sie gerne entrümpeln, straffen, kürzen. Da werden gute Ideen oft zu sehr gestreckt. Ich hätte es gerne kompakter, aber das ist wohl des Geschmackes Sache. Überhaupt Gonzo: Die Sprache weiß nicht so recht, wo sie hin soll. Mal kommt sie wie aus einem Blog eines 20-Jährigen daher, mal fließt sie behäbig, dem Alter des Autors entsprechend.
Und doch: Ich habe die Geschichten gerne gelesen, sie sind amüsant, hinterfotzig und trotz mancher Länge flott geschrieben. Die Idee mit dem Reservepapst ist wirklich formidabel. Mir scheint auch diese Story „Wie ich Reservepapst wurde” sprachlich am besten umgesetzt. Sätze wie „Von Michelangelos Pieta verdaut verzückt furzend ein Michelin-Männchen.” Oder „Mach mir den Ratzinger”, können mich entzücken, delektieren. Das Stückchen „Bayreuth wagnert in Apricot” ist auch ganz nett, erinnert sich die Blog-Gemeinde doch gern an die vielen, vielen Posts zu Angies Klamotten und dem retuschierten Schweiß. Und genau so kam ich mir vor: Ich las ein Blog, in Digitaldruck zwischen Buchdeckel gezwängt, weil der Autor wohl zurecht meint, damit besser Geld verdienen zu können. Ist legitim, aber nicht mein Fall, aber es muss auch nicht mein Fall sein.

Für 14,80 € erhält man 172 Seiten gute Unterhaltung, S- und Regional-Bahn kompatibel. Wenn draußen die martialsichen grünen Männer grölende HSV-Anhänger bewachen, im Tiefbahnhof von FFM, dann liest sich „Schweine im Weltall” sehr gut. Ich kann das Buch also empfehlen, allerdings …..

….kaufen würde ich es mir nicht, es sei denn für die Bahn ;-) , solange es keine gescheiten eReader gibt, denn auf der Bloglesung las Anke, wie bereits beschrieben eine ganz ähnliche Story, über die DHL in Berlin und sie war mindestens genauso gut, wie die erste „Reportage” in dem Büchlein: „Ihr Paket wartet”. Sorry, Wilhelm Ruprecht, aber die Konkurrenz ist groß und ein Internet Buchverlag ist für mich eigentlich überflüssig. Aber das ist Sache des berühmten Geschmacks.