Es war einfach viel zu kalt, als dass es Spaß gemacht hätte Leipzig zu erkunden.
Aber dies hier ist ja kein Wetterklage-Blog. So wird mir Leipzig in Erinnerung bleiben als die Stadt mit chronisch verstopften Straßenbahnen, sorry, sie sagen ja Tram. (Und was vermisste ich die S-Bahnen, U-Bahnen und Straßenbahnen in Frankfurt, samt meinem eigenen Bett apré Mess, dafür ein Vorteil für Leipzig: Ich sah weder Roger Willemsen noch Sascha Lobo alle 20 Minuten durch die Gänge hasten.
Vor allem genoss ich es sehr, das Programm „Leipzig liest“. Wenn ich träumen dürfte, bitte mit einer App, die nicht nur die Veranstaltung (Ich habe nicht Event geschrieben, gell!) beschreibt sondern mir via GPS anzeigt wie ich zur nächsten Lesung komme, zu Fuß, mit der Motorkutsche oder dem ÖPNV.
Besonders die lange Lesenacht in der Moritz-Bastei. Unaufgeregt, entspannt, aber doch konzentriert. Keine Beweihräucherung der heiligen Literatur, sondern schlicht Texte, vor allem von Neulingen. Lyrik neben Regional-Krimi http://www.leipzig-liest.de/veranstaltungen/4586, den ich aus den kostenlosen „PR-Kostenlos-Aktionen bei Amazon“ schon kannte. Nein, kein “selfpublisher“, auch Verlage nutzen dieses Marketing-Instrument.
Eine witzig nachdenkliche Veranstaltung von Sach- und Lachbüchern zur DDR, nein kein Tellkampismus. Vor allem „Eisenkinder“ hatte es mir angetan.
Später am Abend las dann doch Marah Woolf, die den autoren@leipzig Award gewonnen hat. Urban-Fanatsy gibt es bei „Mannheims lesen.hören“ nicht oder der „Lit-Colgne“. Der Gott der Literatur-Kritik bewahre. Ich war den Tag darauf bei der Preisverleihung.
Wie gesagt ein professionell-liebenswürdiger Lesemarathon, der Literatur sehr weit fasste, wie ich das liebe. Dazu eine ausgezeichnete Gastronomie, ohne lange Schlangen, mit gutem und schnellen Hol-Service. An die Moritz-Bastei könnte ich mich gewöhnen. Wenn Lesungen für die Branche immer wichtiger werden, könnte sie da ‘mal was lernen. Ich werde das Management der „Alten Feuerwache“ in Mannheim ‘mal vorbeischicken, falls es mir mal über den Weg läuft, früher kannte ich da noch alle, man wird alt, seufz.
Vor allem: Keine Krügers und Reinikis um die Ecke, die mir ihren Literatur-Kanon als alleindaseinsberechtigt ins Hirn stampfen wollen, keine Stirn runzelnden Literaturkritiker der „wichtigen-Bücher-die-neue-deutsche-Gegenwartsliteratur-ist-ohnebelang-Sorte“. Und ich begann einen weiteren Aspekt der Amazon-Beliebtheit zu erahnen. Dem online-Händler ist es egal, welches Buch ich bestelle. Kein Nase rümpfender Buchhändler blickt mir traurig ins Auge, während seine Kollegin mit spitzen Fingern die ISBN eintippt. Sollte der Buchhandel einmal darüber nachdenken.
Noch einige Lesungen auf den Leseinseln auf der Messe nahm ich mit, viel besser organisiert, als in Frankfurt. Hier eine Lesung vom Poetenladen. Und mit monfou (insider :)) hab’ ich auch gesprochen. Die alten Leselupenzeiten.
Und dann fragte ich mich, ob man das alles nicht auch ohne die Messe haben könnte? Dieses elende Geschiebe nicht enden wollender Menschenmassen. Dies kleinen Stände, in die höchstens 3 Leute hinein passen. Wie soll man da in ein Buch hineingucken können?
Und ich begann zu träumen, wie ich das gerne organisiert hätte.
Von meinem Buchhändler zu Hause hätte ich gerne eine App (für die Andersgläubigen gerne auch einen gedruckten Bestellzettel), mit der ich gesichtete Titel via BarCode / QRCode auf einem Merkzettel speichern könnte (die ISBN vom Buchrücken abschreiben). In einer ruhigen Minute
dann die Auswahl, samt Kassengang, man kennt das ja von allen Online-Händlern und am nächsten Werktag wären dann die Bücher beim Händler zum abholen oder auf den Reader downgeloadet. Wär’ doch was. Ginge auch bei den Lesungen. Nur so als Anregung, die niemand lesen will, ich weiß.
So war die Messe eben wie immer organisiert. Mal durfte man Bücher direkt kaufen, mal nicht, wer genau das System durchschaut ist unbekannt. Auf der Messe gab es nur Bücher, eBooks wurden nur unter der Hand und so weiter, wenigstens wenn man einfach so dahin schlendert. Der neue Tolino-Reader der Branchengrößen war nirgends zu sehen. Hhhm. In der Abteilung für Pädagogik gab es auch nix elektronisches, nur gedruckte Bücher, die Kinder kennen ja keine Pads oder Smartphones, wissen nicht, wie man die handhabt. Am Stand: „Wie vernetzt? Ich habe hier meinen Rechner, da kann ich ihnen unsere Datenbank zeigen.“ Alles bestens soweit. Kein Feind zu sehen, irgendwo.
Natürlich traf ich Menschen, viele Menschen, vor allem Twitteranden/innen, die mir lieb sind, erneuerte uralte Kontakte, besprach künftige Ereignisse, tauschte Bücher von Autor zu Autor. Hier mit Chrizz B. Reuer, mit dem ich demnächst in Mainz aus der Wortschau lesen werde.
Aber was machen all diese Massen von Menschen in den Hallen? Was genau machen eigentlich diese Cosplayer in ihren Kostümen genau und wo, warum auf der Messe, im Chaos? Ich weiß es nicht, es läuft immer alles an einem vorbei. Und dann hab ich die verpasst und den. Dauernd waren wir irgendwo anders.
Und so kalt war es, keine Freigelände-Aufenthalte, es sei denn für die Raucher. Nie mehr geh’ ich auf eine Buchmesse, nie mehr. Ich doch nicht, das tu’ ich mir nicht an. Die in Frankfurt ist übrigens vom 9.-13.Oktober 2013. Schon mal in Kalender eintragen.