Neumond Street View IV zu Silvester

Aus einer Mail von Eva Wal:

Zum vierten Mal trifft sich die Autorengruppe mit

Wolfgang Allinger, Mikel Bower, Adrienne Brehmer, Georg Raab, Chrizz B.Reuer, MoNika Stolzenberg und Eva Wal

im Atelier Neumond in der Bonner Altstadt, um durch Bonn zu streifen und dabei Sinnliches, Lustiges oder Nachdenkliches aus der Wahrnehmung zu Papier zu bringen oder in den Laptop zu tippern.

Am Abend des 31. Dezember senden wir unsere frisch geschriebenen und live gesprochenen Texte sozusagen taufrisch in die Soundcloud.

Zuhören können Sie/ könnt Ihr ab 23:00 h auf www.evawal.blogspot.com oder auf http://www.facebook.com/atelierneumond

Idee und Konzept: Eva Wal

Siehe auch Streetview III

Märchen? Gerne! Eine öffentliche Entgrimmung.

(200 Jahre sind ehrbar, aber jetzt ist genug!)
Es war einmal. Es gab eine Zeit, in der ich Old Shatterhand und Donald Duck fand, um endlich Schneewittchen zu entrinnen. Diesen seltsamen Prinzessinnen, den Hänsels und anderen Jungen-bratenden Hexen. Die Märchenwelt verstörte mich. Nein, nicht wegen der Grausamkeit, sondern ob der transportierten Inhalte. Frau Holle, jo. Der bescheuerte Hans im Glück. Die versteckten Drohungen alá Rotkäppchen. Und immer das war einmal. Und wenn sie nicht gestorben sind. Welch krasser Unfug, natürlich sterben alle. Immer. Ich war ja Messdiener und durfte als 10-jähriger unzählige Beerdigungen begleiten. Hey, da draußen tobten die Beatles. Und es gab Bücher, Bücher, Bücher. Endlich. Niemand quälte mich mehr mit Froschkönigen, diesem ganzen Adelskäse. Knechten, Rittern und was weiß ich. Und irgendwann entdeckte ich die Fantasy & SF. Märchen, Märchen, Märchen. Bis heute. Aber tut mir Leid, bleibt mir weg mit den grimmschen Märchen. Die hatten ihre Bedeutung, global und für die Literatürwüssenschaft. Oui. Nicht für mich. Meinen Kindern las ich nie Märchen vor. Ich erfand sie. Neu. Geschichten. Solche. Z.B. Tut mir Leid, ihr Grimms, ihr seid gestorben und lebt bei mir nicht immer noch. Zurück in die angeschlossenen Märchenhäuser.
Äh, ja und Pipi Langstrumpf war meine Heldin, neben Winnetou… :))

Ach, der Untergang

erklärt, ein faketives Fragment
..sagt es ihnen endlich? Du kannst es nicht aufhalten, sie werden es irgendwann erfahren. Hör auf mit dem Gegrinse, Michael. Wenn ich in diesem Raum noch einmal das Wort Erzengel höre war das Armageddon eine Milchparty. Es ist seit Jahrhunderttausenden vorbei. Und jetzt wieder dieses Maya-Geschwafel. Angst und Schrecken, auch für die Guten! Wie immer von den himmlischen Mächten verbreitet. Was seid ihr Helden! Es macht mich fertig. Ich bemühe mich um ein wenig Menschlichkeit in dieser unserer Hölle und dann kommt ihr immer und lacht uns noch auf ewig aus. Dieses dämliche Ewigkeit-Ihr-Sünder-Lächeln. Ich will gar keine zweite Chance, die mir Heilige immer verwehren werden, keine Sorge. Ich will nur, dass ihr Euch aus der Hölle heraus haltet mit Euren Heiligenscheinen. Hier kann niemand heilig werden, nie mehr, seit damals. Hier ist die Hölle, hier gibt es nichts zu heiligen. Bleibt endlich weg und sagt es meinen Leuten: Der Weltuntergang fand schon statt. Irreversibel. Das Paradies ist exklusiv, hat mit Euch nichts zu tun. Ich sage es ja dauernd, aber wer hört schon auf Luzifer? Ich will doch nur, dass sie menschlich sind, zueinander. Heilig geht doch gar nicht, wie ihr wisst. Warum sagt ihr es ihnen nicht? Was quält ihr mich mit Studien, die doch nur………

Klein Schiff wird kommen, Nikolaus

Listening to: Nicole Jo “need to be funky”

Zweitausend Papierschiffchen segeln auf den Pfützen des Opernplatzes, ich ziehe keine Karte mehr. Kein Los. Schiffchen aus Geld. Die Bank ist nicht pleite, sie existiert nicht mehr. Das Geld segelt über die Pfützen, ein gütiger Wind pfeift Samba. Wir essen die Monopole an ausgelassenem Parteienspeck zu einer Suppe aus broschierten Multimedias. Wir falten, falten, falten. Schiffchen 1000er 2000er. Und morgen die Milliarden der Welt, für die Pfützen der zwanzig Kontinente. Unser Hunger ist groß, wir falten und falten. Billionen, Trillionen. Schiffchen aus Hüttenfeld und Sezuan, grüß dich Bert. All unser Geld gefaltet zu Schiffchen für das Korn aus Ägypten. Jeder Tollar zu Schiff mit einem Korn für dich. Am Ufer der Wehmut, im Sicilium aus enthaupteten Smartphones stehen die Kinder und beten mit Nikolaus. Der Chor der Ratings taktet im Bass. Klein Schiff wird kommen und das bringt uns Korn. Heissa, hopp sa sa. Korn, Korn, Korn. Klein Schiff und keine Buddl voll Rum. Korn, Korn, Korn. Zweitausend Papierschiffchen für den Hunger der Welt. Gefaltet, wie die Hände. Milliarden Hände. Schiffchen voll Geld. Klein Schiff wird kommen, heissa, bald ist Nikolaus Abend da. Schiffchen aus Tollars auf den Pfützen des Opernplatzes. Zweitausend Geiger sind umschlungen, ach ihr Millionen. Korn, Korn, Korn, heissa, hopp sa sa. Klein Schiff wird kommen, Nikolaus.

Meine Sehnsüchte spielen miteinander

(Listening to: Daves’s true Story. „Sex without bodies.“ von CD)

Meine Sehnsüchte spielen miteinander, sie brauchen mich nicht. In Goldpapier verpackt fliegen sie komplizierte Muster in den beginnenden Spätherbst. Grauweißschwarz die Wolken mit einem Hauch hell über den Hügeln des beginnenden Mittelgebirges. Kahle Äste träumen die Blätter des fernen Frühlings. Goldpapiere zischen leise Gebete nach Erfüllung.

Dort hinten, wo einzeln Braunblätter in Pfützen baden. Ich gebäre. Neues Sehnen. Hauche Sucht in ihre Nichthaut. Die Brüderschwestern entgolden sich für sie, streicheln, küssen sie ins Sein, weben neue Fäden aus Goldstaub, aus erfüllten Süchten, kleinen Seufzern, Schreien befreit von Lust. Sie saugen Buchstaben aus den Papiertonnen längst vergessener Nachrichtenberge. Sie vögeln, saugen, ach doch kein Sex, körperlos, füllen mich. Quatsch, doch nicht mein Herz, die alte Pumpe. Was weiß ich, wo dieses Seelchen icht. Nein, nicht im Hirn, dort hab ich keinen Platz für so was. Ich suchte das Sehnen rings um mich. Komm mir keiner mit Astral & Co. Keine Eso für die Terik. Schlichte Sucht. Sehnsüchte ohne Ziel, ohne Weg. Nur die Tanz in dem Grau der Wolken, Stücke aus Bruch. Nichts wird, es ist. Die große Sehnsucht, die keine Erfüllung braucht. Abfüllung in Tassen, Flaschen, Container, Tanks. Die Sehnsucht, die Sehnsucht bleibt. An einem Sonntag Morgen, als die Nacht sich wieder der Sonne auslieferte, die Träume versenkte, die Erfüllung lebten. Dumpf das Grau des Lieblingsmorgen, der Hunger bringt, Durst und diese neuen Sehnen, die Zeit der Sucht. Eine Tasse Kaffee pfeift. Ohne Seufzer, lautlos flattert das Goldpapier, wird wieder zu gelben Blättern. Die Älteste der Süchte, fast nicht mehr Existent führt alle Sehnen in das Nichts der Wolken.
Das Grauen hat ein Ende.
Mein Ich giert Nachrichten.
Das Wetter.

Rabimmel, Rabammel, Helau und Alaaf

Die Traditionen um den 11.11 verstörten mich schon als Heranwachsender. Warum bitte ziehen Kinder mit Laternen umher, um einen Mann zu ehren, der mehr als 1600 Jahre tot ist, nur weil er kein Arianer war und mit dem Schwert Mäntel teilte . Ähnlich alt, wie später der Nikolaus. Die Karnevalisten wissen noch weniger, warum sie ihre Kampagnen am 11.11 beginnen lassen. Es wird halt so gemacht. Zwei Traditionen, uralt, archaisch, die ohne Sinn und Verstand weiter existieren, egal ob gerade Barock, Romantik oder die Postmoderne herrschen. Diese Feste sind nirgends niedergelegt, eigentlich nur mündlich weitergegeben und Generation nach Generation feiern. Selbst im Jahre des Herrn, was ja dann auch nicht so genau stimmt nach all dieser Zeit, 2012. In einem Jahr, in dem sich wieder und wieder Religionskrieger betätigen. Sich massakrieren. Wegen einer Religion, die vergleichsweise jünger ist. Ein römischer Offizier, der nicht desertierte, sondern wartete, bis sein Militärdienst beendet war, vom Kaiser, dann Bischof wurde und Mäntel teilte. Dreigestirne in Colognia, die mit einer männlichen Jungfrau werben. Was sind wir alle so aufgeklärt und modern. Jedes Jahr wieder. Mit den Apps dafür und social media dazu. Livestream aus dem Kindergarten und Sessions im Fernsehen.

Am 11.11. und es funktioniert. Mehr als 1600 Jahre. Die Scheiße im ersten Weltkrieg kennt fast keiner mehr, Verdun & co, oder die Schlacht, kurz vor Worms, die dem Römer Martinus so sehr zusetzte, dass er den Dienst quittieren wollte.
Manchmal verstehe ich uns nicht.

Ein dreifach donnerndes Rabimmel, rabimmel, ra……

Ich bin ein Amateur Frau @SibylleBerg, jawoll.

Ich bin Amateur, jawoll. Und morgen um 04:03 ist die Nacht um, wie so oft.

Siehe Sybille Berg: “Selbstbestimmung im Netz und die Lüge von der großen Freiheit” auf SpOn

Stellen Sie sich vor Mesut Özil schriebe eine Kolumne für SpOn und er titelte: „Die Lüge von der großen Freiheit“. Für diese Kolumnen, die ja dem Gott, den es vielleicht nicht gibt sei Dank, nicht Blog heißen, wohl bewusst nicht, wenn man die Protagonisten betrachtet. Und in meinem fiktiven Beitrag des Özil dorten erzählte er allen Kickern im Lande, sie können aufhören Fußball zu spielen, weil zu Real Madrid schaffen sie es nie, nach dem Kick am Sonntag müssten sie trotzdem am Montag wieder arbeiten gehen.

Hat irgend jemand schon einmal einen Gerneralmusikdirektor eines deutschen Staatstheaters klagen hören, dass zu viele junge Geigerinnen den Besuch der Oper zurückgehen ließen und diese Deppen nach dem Gig mit dem Kirchenchor Rippenweiher Montags wieder arbeiten müssten?

Klagt etwa Xavier Naidoo über Coverbands, die Freitags und Samstags ihre Gigs spielen, um am Montag wieder am Band zu stehen oder im Büro am PC zu sitzen?

Warum gibt es solche herablassenden Reaktionen Amateuren gegenüber aus meiner Sicht nur in der Buchbranche oder im Zeitungs/Radio-Umfeld?

Dieser Hass auf Amateure, die ihr Leben gestalten, wie sie es für richtig erachten, die ihre Arbeit UND ihr Hobby lieben, die das Netz als Distributionskanal für sich mit Wonne benutzen und Schreiber/Musiker/Dichter/Maler/Steinmetz sind, ohne von den Bergs dieser Welt als Nicht-Satisfaktionsfähig angenommen zu werden, ist unverständlich. Wir wären der perfekte Unterbau für eine Branche.

Aber diese Branche pienst lieber, verachtet und verlacht uns, ob unserer Tätigkeiten, reitet den Bundeskulturphilister Neumann zu neuen Gesetzen und lacht,

weil wir montags wieder arbeiten müssen.

Ich rede ja nicht davon, dass wir potentielle Kunden sind. Autoren und Verlage haben keine Kunden, nur Leser. Aber die sind eher nicht wichtig. Man schreibt und verlegt für das Umfeld, die Kritik und das wissende Volk, könnte man meinen.

Irgend jemand von Hanser gerade am lesen? Seid ihr auch so elende Montags-Arbeiter, aufpassen die Berg verachtet Euch deswegen. Nein fragt nicht den Chef, der ist gerade das Netz am hassen, oder so.

Ich verstehe es nicht wirklich. Es wäre so einfach.

So deutsch das alles.

Ach so ja: Ich bin kein Follower von @SibylleBerg

Ach so ja (2), die Abhängigkeit von Konzernen. Frau Berg baut ihre Autos selbst? Baut ihr Getreide selbst an?
Abstrus. Jetzt: Der Abend, das Wetter und meine Heiterkeit.