In der Saarbrücker Zeitung stand ein reichlich dämlicher Artikel eines blasierten Redakteurs, der sich die Mühe machte persönlich zu twittern und heraus fand, dass ihm das alles nichts sagt. Ich las es in meiner Twitter-Timeline (so nennt man im engelländlichen Twitterland die Auflistung aller „Tweets“ meiner „Follower“ ) , folgte diesem Link , erregte mich nur leicht und kurzzeitig, um dann müde abzuwinken.
Noch so ein Typ halt, der sich wichtig machen will und das auch noch unspannend schreibt. Irgendetwas hatte dieser Artikel aber. Nein, keine Provokation, ach das hatten wir doch schon im Frühjahr mit einem Zeitredakteur, nein, es ist diese Art Artikel, die Machart.
Herr Manderscheid (im Netz nicht gerade als der investigativste aller Journallier zu finden) meldete sich also an, nach den Berichten über die Studentenunruhen im Iran und deren Kommunikation via Twitter und bekam seinen Account nicht zum laufen. Er saß in der Ecke und wartete darauf, dass man ihn fand. Das funktioniert so nicht. Im wahren Leben auch nicht. Wer immer nur einsam in der Ecke eines Cafes sitzt, wird auch nach 3 Monaten konstatieren, dass diese Stadt, das Land, sonstwerwas unkommunikativ sei, uninteressant, völlig überhypet. Er schrieb Mails an Bekannte sie sollen ihm folgen (also auch twittern und sich mit ihm dort unterhalten), er kam nie auf die Idee selbst zu suchen.
Die Millionen von Leuten dort zu beobachten, zu interagieren. Er schreibt wenigstens nichts davon. Statt dessen sucht er im Netz und findet seine Fakten, die ihn belegen. Hhm. Eigentlich nicht weiter schlimm, wäre es ein Blogeintrag eines Menschen, der gerade achselzuckend eine Netzerfahrung mehr abhakt. Wäre ihm gegönnt.
Nur ist das eben ein halbseitiger Artikel der führenden Zeitung eines Bundeslandes, in dessen Hauptstadt erscheinend, mit über 1500000 Abonnenten, zur Holtzbrink-Gruppe gehörend, die auch StudiVZ bertreibt, z.B. und es war ein Journalist, der das schrieb. Steht wenigstens da. Redaktionsmitglied. Und hallo, DAS ist die Art von Recherche, die man heute so betreibt? Die blasierte Anti-Neugierde eines Mittdreißigers (spekuliere ich einfach einmal) für die Peer-Group als neues mediales Leitbild?
Mein Gott, Twitter hat eine Suchfunktion und was hätte man da alles finden können. Eine sich regelmäßig treffende Twitter-Gruppe mit einem prominenten saarländischen Landtagsabgeordenten, der auch sonst munter mittwittert. Saarländische Industrielle, die mit Herzblut twittern und bloggen, ja auch zum diesem Thema. Mit einem Schlag all das Getwittere zum politischen Neuland „Jamaika“-Koalition. Doch, es wurde wie wild getwittert, als die Grünen abstimmten, die grüne Jugend Saar versorgte uns live mit Nachrichten.
Nur ein paar Twitter-Abfragen hätten den Herrn Redaktionsmitglied-Schreiber mitten hinein katapultiert in eine quicklebendige und hochinteressante saarländische Twitter-Umgebung, die sehr wahrscheinlich auch Kunde der Saarbrücker Zeitung ist. Kunde, nicht nur Leser. Aber, dass Leser Kunden einer Zeitung sind ist noch zu neu für die meisten Redaktionen. Kunden sind wohl eher immer noch die Werbeschalter, die gerade etwas unpässlich sind, die armen.
DAS macht mich so perplex an diesem Artikel. Die bewusste Nicht-Recherche, das gar nicht wissen wollen, einfach nur das vor sich hin auf dem Redakteurs-Stuhl schaukeln, ja nicht dem Volke aufs Maul schauen wollen. Und ja dann äußert sich der Twitter-Redakteur und spricht von Fakten. Genau diese Haltung lässt mich böses ahnen, für die Zukunft der Gazetten. Solche Artikel wollt ihr irgendwann online VERKAUFEN, DamensHerren Qualitäts-Print-Journalisten mit neuen Rechten gestärkt aus schwarz-gelbem Geblüt?
Nein, nicht wegen des Verriss. Das soll und darf mannfrau. Nein, die Art, dieses blasierte, aufgeblasene, naiv-arrogante Nicht-Recherieren wollen (doch können tut er bestimmt).
Man könnte sich tatsächlich auch um besseren „Content“ bemühen, wenn man denn demnächst auf „payed Content“ setzen will, bei den Gazetten. Und hoffentlich bleibt es dabei.
Aber meine Zweifel werden immer größer, siehe oben.