Es war ein mal ein Blogger.
Einst, zu Olims Zeiten, als er noch ungebloggt durch das Leben tanzte, war der Blogger ein fröhlicher Mensch, der sich wie weiland der Taugenichts im kühlen Grund von Rohrbach, durch das Leben pfiff und gewährte, wenn nicht Gott, so doch diversen Damen, lächelnd seine Gunst. Über seinem Haupte schwebte das Lorbeer der Kultur, las er doch einschlägige Gazetten, war Mitglied im Kunstverein.
Und dann passierte es.In Heidelberg revoltierten die Germanisten wider den amerikanischen Umsonstgeist, in Gestalt eines Guggels. In der Frankfurter Verallgemeinerung erschienen ganzen Artikelkaskaden davon, wie deutsche Schriftsteller gescannt und betrogen werden, Bettelstäbe unter Professoren und Dichter wüten.
In einer anderen Gazette las er aber auch, dass übles Volk, sogenannte Blogger, böse Dinge schreiben, für ohne Geld das alles, das Abendland, die Kultur und die Gazettenzunft vernichtend. Auch in diesem Augiasstall des Internet, dort wo die Terroristen mit den Pädophilen schwarze Messen feiern und illegale Piraten Musik und Filme pornografieren. Blogger? DAS musste er sich ansehen, denn der Präsident im fernen Amerika wahr ihm ein sympathischer und wohl auch ein Blogger.
Seine Bibliothek bot einen Internetplatz und was las er da?
Ein widerwärtiger Blogger zog über seine Lieblingswochenzeitung her? Beleidigte den Chefredakteur, pöpelte die Literaturredakteurin an, schrieb vom toten Holz und dass es bald keine Zeitungen mehr gäbe.
Er war empört und konsterniert. Seine Lieblingsaushilfsbibliothekarin, der er auch gerne seine Gunst gewährt hätte, würde sie ihn dazu ermuntern, kam vorbei, lächelte ob seiner ungewöhnlichen Erregung und zeigte ihm die Kommentar-Funktion. Er war begeistert. Er tippte seine Gedanken in wohlfeilen Worten in das Kästchen, die Zeitschrift, die Redakteure und die Kultur im Allgemeinen verteidigend und den Autor zu einer mäßigenden Sprache mahnend. Voller Stolz zeigte er seinen Sofortleserbrief der bereits erwähnten Dame, als postwendend der bekommentierte Blogger antwortete:
Hei alter Troll, verpiss’ dich, so einen Schwachsinn will hier keiner lesen, wälz’ Dich anderswo im Fäulleton oder mach Dir selbst einen Blog auf, dort kannst Du toben, ich komme dann gerne kommentieren. Haben wir uns verstanden?
Unser Mensch war konsterniert. Solchiges hatte er noch nie erdulden müssen. Wutrot wollte er sich auf einen neuen Kommentar stürzen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Die Dame klärte ihn auf, wie das sei in der Welt der Groß-und-Mauler-Blogger. Staunend stellte er fest, dass die Dame wohl auch Katzenbilder und Strickmuster bloggte. Sie kannte sich aus.
Sein Weltbild war ins Wanken geraten. Die Dame war doch auch kein Backfisch mehr und nun das! Tummelte sich auch in diesem höllischen Internet. Er musste sich etwas einfallen lassen und schritt forsch zu seinem Neffen. Er musste sich da einarbeiten.
Seine Schwester samt Familie bewohnte die andere Doppelhaushälfte. Der Neffe empfing ihn freundlich, war er doch ein geschätzter Geldgeber und eigentlich konnte ihn jeder gut leiden, er hatte auch die neue IT-Anlage bezahlt. „Du kannst meinen alten Schleppi haben“, hab ich doch gleich gesagt, „DSL via Wlan von mir und ein Blog bei WordPress.com oder twoday.net, wenn Du blogspot nicht magst“.
Er würde das lernen. Schnell! Also lernte er, schließlich hatte er einst auch studiert, ach das waren Zeiten. Die ganze Woche übte, lernte, tippte er, las sich ein. Kein Buch hatte er seit dem angerührt, die Gazetten verstaubten. Er las online via RSS-Feed. Sein Neffe grinste sich listige Gedanken.
„Ist sie hübsch?“, fragte er, denn er kannte die Schwäche seines Onkels für das schöne Geschlecht. „Die Tussi aus der Bibliothek?“. Verschämt gestand unser Held sein Ansinnen, das in der Hose wie im Kopfe anwuchs. „Gatablinde“, sagte er, „Gatablinde ist ihr Twitter account und ihr Blogname bei blogspot, das gehört Google“, er hatte ihr in der Biblio über die Schultern gesehen.
„Nie im Leben ist sie handgemein mit diesem Untier, das Autoren in den wirtschaftlichen Tod hetzt, nie im Leben!“ „Google?“ staunte der Neffe. „Ah die google-Buchsuche. Die scannen doch zumeist nur alte Schwarten ein. Er führte den Onkel in das Reich der e-Books ein.“ Unser Möchte-Gern-Blogger versank in den Tiefen der google-Buchsuche und dann in das Projekt Gutenberg, was es da alles zu finden gab und all die LitBlogs. Grinsend lies ihn sein Neffe allein. Es wurde spät in dieser Nacht vor dem Notebook. Und so schrieb er im Morgengrauen sein erstes Blogpost. Von der Poesie im Netz. Den Erfahrungen, die er gerade gemacht hatte. Von den Klassikern, die er wieder entdeckt, von den jungen Wilden in den literarischen Blogs, von hunderttausenden Gedichten.
Verschlafen fuhr er in der Firma seinen Rechner hoch, und rief als erstes sein Blog auf. „Er bloggt“, flüsternden seine Praktikanten. Zwei seiner Verflossenen heulten hemmungslos, denn sie wussten sofort, dass da nur einen Neue dahinter stecken könne. Es sollten an diesem Abend noch zwei weitere Blogaccounts eröffnet werden, aber vorläufig herrschte Ruhe.
Wieder zu Hause raste das Adrenalin in seinen Adern. Fünf Kommentare gab es auf seinem Blog. Aber dann grämte es ihn fast zu Tode: DER Blogger war gekommen und machte ihn nieder: Keine Ahnung hätte er, ein romantischer Depp wäre er und eine Schande für die Sphäre. Dann eine Dame, die sehr undamenhaft erinnerte, dass er früher nur ECHTE Bücher gelesen hätte und machte dabei Andeutung ob der Wandelbarkeit seiner Männlichkeit hin zum Virtuellen. Eine andere Dame machte sich über seinen Sprachstil lustig und zog über die erste Dame her, sein Neffe begrüßte ihn in der online-Welt, hieb Stiche gegen die Groß-und-Mauler-Blogger und begrinste die Damen. Aber dann: Gatablinde hatte ihn entdeckt und schrieb einfach herzliche Grüße und er solle sich nicht an den Trollen stören, das müsse man halt in Kauf nehmen, notfalls löschen oder die Kommentare moderieren.
Jetzt wollte er aber zeigten, was ihn ihm steckte! Er stürzte sich in einen Dreifach-Blogkrieg, der die Server zum kochen brachte. Er wechselte die Sprachstile, wie einst in der Pubertät, trat, kratzte und wusste sehr wohl, wer die Damen waren, der Groß_und_Maul_Blogger giftete und hetzte die zwei Damen in immer neue Tiraden. Als der 86. Kommentar aus seinen Finger rutschte ging das Telefon. Sein Neffe: „Hei Onkel, mach halblang“, sagte er Gatablinde wolle ihn sprechen. Er hätte gar nicht gewusst, dass sie Tante seines Kumpels sei und schwups stotterte unser Blogger Unsinniges ins Telefon, zart errötend, wie einst als Jüngling. Nein, er könne doch jetzt nicht aufhören, die würden ihm doch alles zu müllen und er wisse nicht, wo er auf die Schnelle die Kommentare abstellen könne. „Ich komme mal ‘rüber“. Er konnte gerade noch seine Blase erleichtern, als auch schon die Klingel ging. Völlig verstört führte der Blogger die Dame ins Schlafzimmer, wo er das Notebook auf dem Sekretär stehen hatte. Fachsimpelnd führte Gatablinde, er nannte sie tatsächlich so, wie sie ihn Twieselstopfer, er hatte keinen anderen Netznamen gefunden, durch das Back-Office von b2evolution und beherzt tippte sie einfach schenkel-drückt-schenkel auf der Tastatur umher und als sie nach der Maus angelte, stolperte sie leicht und saß auf seinem Schoß. Auf einem Bürosessel zwar, aber in seinem Schlafzimmer. Die Maus fand den Radio-Button, um Kommentare für das Blog zu stoppen, ihr Mund lag auf seiner Glatze, ihre Brust an seiner und seine Virilität klopfte Samba an ihre Schenkel. Zwei Blogger hatten sich gefunden, wie die Zungen und die Augenblicke….
und wenn sie nicht gestorben sind, dann bloggen sie heute noch.
Alla Yeah
In de Schlong vorm Fraueklo
bei de Schdouns im Eisstadion
driwwe in Monnem, babbld se pelzisch,
wie in Heidelberg finf Meda hinnam Hodschimin,
Blumme ins Hoar gschdeggd,
roura Mohn un Kornblume vum Feld.
Fa was heian, schdebbln konn ma aa sou,
hod se gegrische un is fod.
Ach Kinna wie die Zeid vageid.
Wars ned schee achdeseschzisch im Mai?
Seschzisch bin isch heid, ja un?
Dokda rer pol un zei Bischa gschriwwe,
zung ma in Kuss wie selles mol,
lieb misch wie Riesling im Dubbesglas,
bischbad se, wia dehom im Winzazeld
alla yeah, alla yeah, alla yeah.
Moin Senf
moin senf
geit niemond ebbes oa
moin senf gebb isch nedd hä
in moin senf schdeggd net jada soi werschdl
Aldi Hex
Isch heb e Koppduch ufg’hoggd un bin demid in de
Fasnacht rumgerennt. Wie e aldi Hex. Awwa varods
niemand, sunschd wolle se misch wia emol vabrenne.
Desmol weje dem Kobbduch.
Alla hopp, Mehmet
Wonn de Mehmet
Alla donn sescht
un Alla Hopp kreischt
donn issa beim Schaffe
un äh Dödl missdm
koan Trojaner
in de Moscheecompuda
hetze
äh hedds doch net all
unsan Effendi, den Kümmel
sou zu vaschregge
Troja leigt doch
in de Türkei
direkt newa dem
Kaff wu soi
Schwimudda wohnt
Sei ein Mann
Lisa. Nichts sonst. Lisa. Keine Zwanzig mehr, nein, aber trotzdem 20 Jahre jünger, oder waren es nur 15, sagen wir 10? Lisa. Genügend Falten winden
sich um das Kichern, deuten, führen, wollen, singen. Wissen sorgt sich um Lachkrähen, Linien schärfen sich am doppelten Kinn. Lisa, Augenblicke, Lisa. Blitzen, erinnern, röten, Händchen, schweissen, nässen, führen. In Hosentaschen zu zweit, spielen, daumen, schenkeln, die Hand. Läppchen ohren Küsse. Zungenspitz auf Fingerspitz. Pflaster betreten, belaufen, erschreiten, ersohlen, berücken, begreifen, erblinzeln, ereilen. Pflaster, Hände, Augen, Münder. Lauer Wind haucht glatze Haut. Aufkeimende Arthritis im Spiegel der geprusteten Nebel. Lisa, einsilbergestreift, Lisa, mit einzig Leberfleck auf funkelnden Handrücken, mondlichtgebräunt.
Alle Takte synkopen im ungedrillten Gleichschritt,Atemzüge synchronisieren rosa Wölkchen aus frisch gedampften Nebel. Straßennamen singen, Hausnummern tanzen, Treppen steigen zum Beat der Pumpen-Schläge mit heißem Blut. Brüste reiben, Schenkel treiben, Schuhe fallen, Knöpfe entlochen, Verschlüsse reißen. Worte, in Speichel gekocht, rinnen an Wimpern. Und die Zeit stillt sich am Moschus der angebeteten Ewigkeit.
Keuchend wandte er sich ab und wünschte er hätte nie aufgehört zu rauchen. Nichts und diese Tabletten, die es jetzt gab, könnte er sich nicht leisten
und außerdem, bei seinem Blutdruck ginge das wohl gar nicht. Er hat noch nicht einmal danach gefragt. Überhaupt, fragt man eine Ärztin so etwas? Wenn er noch rauchte, könnte er auf den Balkon gehen, jetzt, mitten in der Nacht, ja um 23:24 war das mitten in der Nacht für ihn und er müsste nicht in die mitfühlenden Augen von Lisa blicken, die ohne Vorwurf fragten, ob sie denn noch etwas tun könne und sogar die Zunge über die Lippen bei geöffnetem Mund spielen ließ. Wenn er nur rauchen könnte, entschwinden könnte, sterben könnte. Seine Scham kam in Wellen, brandete an Leinen,schluchzte, hüstelte, ließ ihn nicht mehr frei. Gefangen in seinem Versagen versiegten die Worte,nur Lisa gluckste in kichernden Falten und zählte laut seine, küsste die Leberflecke und malte Herzchen auf seine Glatze.
Die Ewigkeit beschwor sie und schenkte ihm Zeit, entließ die Worte aus dem Speichel, kühlte sie zu Sätzen, riss an den Schlüssen, stopfte die Löcher,
besohlte die Schuhe, trieb Schenkel aus Betten, brüstete ihn rieb. Heißes Blut ließ sie beateln, ebnete Treppen, ließ Hausnummern schrumpfen, prägte
Schilder zu Straßen. Lisa, zweisilbergestreift, funkelteim Mondlicht kleine Flecken.
Während er schlief flocht sie Bänder für ihre Wohnungsschlüssel, schwitzte sie in Händchen, rötete. Entträumte ihn lautlos. Nahm Maß an den Läppchen, versank im Cerscendo des Gaumenzäpfchens. Ein Wort hing in der Luft, geformt aus dem Moschus der Zeit und der Morgen zitterte.
Bleib trommelte sie auf seine Brust mit großen Zehen. Sei ein Mann und bleib, trommelte sie, gerade deswegen. Und dann gab es keine Worte mehr, keine Sätze, als ob es kein Ende gäbe, alles war Poesie, alles prosaisch,
er war erreicht. Wer will schon Höhen wissen?
Er war erreicht. DER Punkt.
Du hörst ja doch nicht
Hör auf
meinen Runzeln
zu schmeicheln
die Schuppen von der
Haut zu fegen
über den Altersflecken
Lust zwischen
die violettgeränderten
Schenkeladern zu
blasen
Hör auf damit
Sommerwind
mein Liebling
hör doch
hör auf