Beitrag zur Aktion #ichbinnin der Kulturfritzen
Monat: Januar 2016
Lauer Winter 15/16
(nein, nein, es herrscht hier kein Krieg, auch wenn er scheint)
Irgendein Quintakkord
gezupft und durch
Blech geblasen
verrostet ungewachst
und das Wort dazu
geflattert im Unwind
der Sommerfransen
aus Sale Phrasen
immer nur in C
die mollige Dur
Perücken federkielen
Drüben schneuzt
ein Flüchtling sein
Kind
Kein Koran, keine Thora, die Bibel kichert Saxofon
Der Hugo, der ein Gutsl war
Also ein “Gutsl” ist ein Bonbon, aber mir war nach Heimatlichem. Aber von vorn …
Ich war in „Das Leben des Anderen“ von und mit Boris Ben Siegel, dem Chef des Theater Oliv, aber aufgeführt im Technoseum Mannheim, warum auch immer. Im Rahmen der Blogparade #theaterimnetz sprachen wir darüber und Mathias hatte einen Link, als er über das Theaterfestival Schwindelfrei bloggte. Ich war gespannt. Es sollte ja alles via Whatsapp laufen, was aber nur im Fatzebuch stand, die Telefonnummern wurden am Kassentischchen für einen Gruppenchat erfragt und ich staunte, wie viele da mitmachten. Die Phonnummer an Wildfremde herausgeben. Nun ja. Es ging ja um die Sicherheit der Handys. Aber ich benutze ja #ausgründen kein Whatsapp. Es konnte mir egal sein.
Tatsächlich ein Smartphone auf der Bühne, der vermeintliche Homescreen auf eine Leinwand gebeamt und es begann gut. Der Sprachtext des Einmannstückes, genau abgestimmt mit dem Text auf dem Handy mitsamt den Schwierigkeiten mit den dicken Fingern auf der Tastatur und dem Kampf mit der Autokorrektur. Ich lernte später, dass wir „nur“ die „Webapp“ von Whatsapp sahen, im Browser von einem Laptop auf eine Leinwand gebeamt. Nun ja, auch gut.
Also die Handys waren getauscht, siehe den Text in der Ankündigung und des ging los. Ein Sexist vs. Ausbeuter in der Textilbranche. Tatsächlich. Bestimmt verhandeln die Investoren in neue Fabriken über Whatsapp im Flugzeug über die Standorte und die Geldfreigabe. Bestimmt. Aber ich will nicht zu viel Spoilern. Jedenfalls endete der „Kampf“ bald und Herr Siegel leitete seine Gruppe sanft in einen Chat, der eigentlich ein Anmachspielchen war. Aha. Dazu ist also das Netz da. Ah ja. Wie immer. Und ja, die Handys der Gruppe klingelten lautstark, wenn eine neue Nachricht ankam. Ich twitterte ein paar Mal, aber es passierte ja nicht viel. Irgendwann lief der Chat dann auch ohne den Chef und der sprach nun zu uns als Mensch, nicht als Christian, den Protagonisten. Ich dachte jetzt, da käme jetzt endlich Theater, aber nein. Es kam die deutsche Moralkeule. Klammheimlich. Was der gute Mensch doch sah, im realen Leben, ohne Handy. Die Idioten chatten ja immer noch. Er trank mit einer Dame in der ersten Reihe Dosen-Hugo, warum auch immer. „Pestdramatik”, sagten sie dazu im Nationaltheater dazu, bei „Leonce und Lena“.
Ich lach immer noch! Pestdramatik kam es von der Bühne. Pestdramatik. :)
— Michael mikel Bauer (@mikelbower) 3. Dezember 2015
Uns anderen wurde als Hugo-Ersatz Gutsl ausgeteilt, die hinteren Reihen auch regelrecht damit bombardiert. Ich dachte schon daran zurückzuwerfen, von der anderen Seite der 4. Wand, aber ich war zu müde. Dann auch noch die Kritikerschelte, wegen irgendeiner Ibseninszenierung, die Herrn Siegel zu unpassend für das 19. Jahrhundert war. Ich hätte mich ja gemeldet, aber es wurde ja nur nach jemand von der Zeitung gefragt. Wie immer.
Zum Schluss, via Sprache und Text, die Frage was man von solchem (Ibsen) und dem gerade laufenden Stück halten solle. Es gab verhaltenen Applaus und als Zugabe sozusagen Hänschenklein nach einiger Browserfummelei von Youtube gekitschstreamt. Was man halt von seinem Publikum so hält und diesem Internet. So deutsch, wie gesagt.
Ich habe aber durchaus gelernt (für meine Projekte):
Text und Sprache auf der Bühne gleichberechtigt kann funktionieren, so das Publikum in der letzten Reihe das auch sehen kann und wenn man das inszeniert so will. Nur größer müsste der Text sein. Ich liege meiner Flash-Programmierung richtig.
Das hätte ein gutes Stück werden können, wenn man nicht einfach nur einen Sketch moralisiert aufgebläht hätte. Schade! Vielleicht doch den Nussknacker tanzen? :)
Auf ein Storify verzichte ich und blende die paar Live-Tweets hier händisch ein. Der Chat mit dem Technoseum dazu kam gut. :))
Und heute abend auch noch zum Theater ins @TECHNOSEUM :)) https://t.co/Eo1xDNxPid
— Michael mikel Bauer (@mikelbower) 22. Januar 2016
Hast du Geheimnisse? #theaterimnetz #theateroliv im @technoseum #lebendesanderen pic.twitter.com/iprVONfzI2
— Michael mikel Bauer (@mikelbower) 22. Januar 2016
Hey, du Dumpf
Die Brühe kocht
dumpf aus allen
Löchern
Ich verkrieche mich
nicht kein Bock soweit
Ich lebe einfach weiter
und passe auf
es wird keine neuen kurzen
SA-Lederhosen geben
täterä dumpf bumm und auch keine
Anti-Fasch-Kadaver-Dirndl
Und unsere Töchter
dürfen Hotpants tragen
und wehe ihr ertragt das nicht
zieht gefälligst eure
Macho Köpfe ein
Ich hasse dieses dumpfe
Gehasse und Geschrei
bald ist wieder Sommer
und das Leben lustet frei
verpisst Euch ihr
dumpfen Backen
aller Nationen
verkriecht Euch
und lasst uns alle
auch die neuen die noch kommen
leben leben leben leben
und nein ihr Bigotten
aller Religionen
ihr bleibt weiter in der
Sakristei oder wie das
bei Euch heißt
Auf, hopp, auf!
Unsichtbarer Nebel wattet
Nur ein dumpfer Hauch
aufgerissner Münder
gröhlender Fratzen
verseucht mein Gemüt
Wut mäandert durch
Gedankenfetzen
Kalte Logik
in selbstgeschäumten
Wolken
Nein
Die Liebe
blöckt laut
angepflockt
Es gibt mich
noch
Der Kitsch
kreischt sich
von pink nach rot
Wir kommen