Gast-Beitrag
zur Blogparade von Bianca Garde „Wie ist Dein Arbeitsplatz der Zukunft“
Thomas Klauder Viernheim
Meine Vita / mein Beruf: Vertriebs- und Marketing Manager über fast 20 Jahre in internationalen Technologieunternehmen, seit 2 Jahren Personalberater mit eigener Sozietät und 4-6 freien Mitarbeitern, Hauptklientel: Internationale IT/TK-Unternehmen, Beratungsgesellschaften, aber auch zunehmend klassische Industrien wie die Automobil- und Zuliefererindustrie. Tätigkeitsschwerpunkt: Suche von gehobenen Fach- und Führungskräften der Disziplinen General Management, Vertrieb, Marketing, Consulting, Engineering.
Mein persönlicher Arbeitsplatz heute: Kleines Büro im eigenen Haus, keine offizielle Repräsentanz (noch vor 10 Jahren für Personalberater undenkbar). Meine Partner sind in derselben Situation, unsere Zusammenarbeit funktioniert überwiegend virtuell, auch wenn wir alle im Raum Rhein/Neckar ansässig sind; Skype, FB, GoToMeeting, Dropbox, Email, CRM als SaaS, u.a.m.). Wir versuchen, die technologischen Möglichkeiten auf der Höhe der Zeit selektiv und optimal für uns zu nutzen, verstehen uns aber nicht als entschiedene Avantgarde.
Unsere Kunden: Einerseits hart an der Grenze der aktuellen technischen Möglichkeiten, ähnlich wie von Bianca Gade bei IBM beschrieben. Ein Kunde ist sogar einer der wesentlichen Treiber des Themas „Social Enterprise“ weltweit. Dort wird praktiziert, was gepredigt wird. Das bedeutet für Kandidaten, dass sie sich ggf. auch darauf einlassen müssen, die ersten Interviews per Webkonferenz durchzuführen, möglicherweise Ihren Businessplan Teilnehmern aus aller Welt ebenso virtuell zu präsentieren und so einige Runden – quasi Arbeitsproben – zu überstehen, bevor sie zum ersten Mal ihren zukünftigen Arbeitgeber persönlich treffen.
Andererseits arbeiten wir mit Unternehmen, für die Brief und Fax auch noch normale Wege der Kommunikation sind, in denen Emails ausgedruckt, manuell beschrieben, kopiert und abgeheftet werden…- die aber interessanterweise trotzdem(?) enorm erfolgreich auf den Weltmärkten agieren. Nicht alles was machbar ist, muss auch gemacht werden.
Mein Arbeitsplatz der Zukunft im Sinne eines „Platzes“ wird dort sein, wo ich gerade bin. Meinen Aufenthaltsort – und damit meinen Arbeitsplatz – bestimmen meine persönlichen bzw. privaten Neigungen, zwischen Arbeit und Freizeit verläuft keine geographische Grenze mehr. Die Entwicklung der Technik wird es möglich machen, dass ich mit minimalem Materialaufwand meiner Arbeit nachgehen kann, ich werde bald auf Notebook oder gar Tablet-PC verzichten können, weil andere „leichtere“ Technologien zur Verfügung stehen. Damit wird das Büro obsolet, bzw. es wird wahlweise zum Rückzugsraum oder innenarchitektonischem Stilelement, verliert jedoch seine klassische Funktion als Arbeitsplatz, an den Werkzeuge oder Material des Kopfarbeiters gebunden sind. Mit dem Auflösen der lokalen Bindung wird die feste zeitliche Abgrenzung von Arbeit und Freizeit verschwinden, ein Prozess, der in meinem Falle schon jetzt fast abgeschlossen ist und was ich sehr begrüße. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Denken und Leben in den Welten der „Arbeit“ vs. „Freizeit“ persönlicher Zufriedenheit äußerst abträglich ist. Wird die Arbeit als Aufgabe und elementarer Lebensbestandteil empfunden, integriert und erfüllend, so trägt das erheblich zur Lebensqualität bei. Arbeitszeit ist dann, wenn ich arbeite, Freizeit ist dann, wenn ich sie mir nehme- und es existieren Mischformen! Das eine Argument für den festen Arbeitsplatz, nämlich die Wichtigkeit direkter zwischenmenschlicher Interaktion, wird so zur Option, die ich wählen und dosieren kann.
Für die Arbeitsplätze, die wir bei unseren Kunden und Kandidaten erleben, möchte ich dasselbe behaupten, jedoch mit individuell sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das Bedürfnis, Mitarbeiter an Ort und Stelle zu kontrollieren ist vielerorts stark ausgeprägt und bestimmt die Regeln der meisten Unternehmen. Ausnahmen finden sich meist nur in solchen Positionen, die an klar messbare Zielen ausgerichtet sind und gemäß der Zielerreichung kompensiert werden, typischerweise Vertriebspositionen. Der Gedanke des Chorgeists und des Teambuilding, der von den Verfechtern der festen Arbeitsorte und -zeiten ins Feld geführt wird, ist ebenfalls ein Faktor, der den Prozess der Flexibilisierung bremst. Hier spielen auch kulturelle Dispositionen eine große Rolle, das Gemeinschaftsgefühl wird in Asien wesentlich höher bewertet als in den westlichen Ländern, in denen Individualität hoch geschätzt wird.