Sachlich: 100 Jahre Neu

tl;dr Gedanken und Aktionen zu einer Ausstellung, die ich eigentlich nicht kommentieren wollte.
So halt. Mehr eine Innere Dokumentation.

In Mannheim feiert die Örtliche Kunsthalle “Die Neue Sachlichkeit – Ein Jahrhundert- Jubiläum”. Gut so. Schließlich hat die Kunsthallenleitung die Ausstellung so benannt. Sintemals. Guckt:
“Eine ganze Epoche mit einem einzelnen Begriff zu prägen, gelingt nur äußerst selten. Dem jungen Mannheimer Kunsthallen-Direktor Gustav F. Hartlaub ist mit seiner legendären Ausstellung „Neue Sachlichkeit“ 1925 jedoch genau das geglückt.”

Der SWR beschreibt das besser als ich. Mit der Kamera und der Kuratorin Inge Herold.

Funfact: Das neue Gebäude des SWR-Studio MA-LU wird in den Straßenbahnen des RNV angekündigt: “Universitäts-Klinikum – Zugang zum SWR”.

Ha. Nach dem Auto, dem Spaghettieis und dem Fahrrad hat man in Mannheim also auch eine Kunstgattung, äh, erfunden.

Ich hab’ ja das Deutschland-Ticket und den Museumspass, war also schon 2 mal da. Plakat gekauft und daheim aufgehängt.
Zeigt “Dame mit Maske” von Arno Henschel.
Passte gut zu den Weihnachtssternen am Fenster. Zuerst gegrübelt, wem die Dame ähnlich sieht, herausgefunden. Sag ich aber nicht. Lebt ja noch fröhlich. Irgendwann 1925 gegoogelt. Erschrocken. Der Naziteufel (kein Name hier, will niemand locken) hat sein Buch veröffentlich. Acht Jahre später am 30.1.1933 war er Kanzler. Wir wählen demnächst und ja. Ihr wisst es. Die neuen Nazis werden immer stärker. #mistkram. Geht wählen, aber richtig!

Aber 1925 wurde auch “Der fröhliche Weinberg” uraufgeführt. War der Renner! Theaterskandal auf Skandal, vor allem daheim, nahe Mainz. Er hatte Klarnamen aus Nackenheim verwendet.
Ich liebe das Stück, verwendet er doch auch Dialekt. Und das am Schiffbauerdamm, das hat sich später Zucks früherer Kumpel Bert Brecht als Berliner Ensemble gekrallt. Spleenig war der Zuck schon, Wer nennt schon seine Tochter Winnetou?
Ich starrte weiter auf das Plakat und entdeckte den Zusatzstempel “Die 1920er Jahre”. Schlau. Erweiterung!
Und hängen geblieben. Wer da alles noch mitmacht! Das Nationaltheater. Natürlich “Die Dreigroschenoper”. War ich schon. Premiere auch am Schiffbauerdamm. Aber Hallo! Die Commedian Harmonists in Schwetzingen. Gleich Karte besorgt.
Weitergeguckt. Das Rem? Hhm. “Literarischer Rundgang in der Sonderausstellung „SACHLICH NEU” War ich. Ging früher, Schwamm drüber.

Aber Literatur! Ok. Die Kunsthalle hat einen Buch-Club. Guckt! U.a. “Vicki Baum”. Ok. Kenn ich.


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Aber! Ich suche selbst! Für daheim. Da ist doch dieses “Porträt des Schriftstellers Max Herrmann-Neiße Was schrieb der denn? JA! Gefunden: “Max Herrmann-Neiße Der Todeskandidat.” Liest jetzt. Kafkaesk. Heftig. Ellenlange Sätze, starke Adverbien und farbige Bilder, trotz Sachlichkeit. #empfiehlt

Weiter durch die Austellung. Dix! “Streichholzhändler”. Yes! Da klingelt es: Pünktchen und Anton. Kästner. Natürlich.

Es muss nicht immer Fabian sein.

Weiter gesurft: Yes. Sascha Koal hat im Theater Felina-Areal Tanzabende zusammengestellt unter dem Motto: “Tanz Puls Rhythmus Metropolis”. Musste ich hin. Ich liebe das Theater. Ich darf da mit Anderen ja auch bei der #Spätlese, einer Lesebühne, mitlesen. Man hat dann ein Gespür für den Ort, die Bühne. War bei der Premiere am Ersten Abend. War sehr gut. Hat auch den Mitguckern gefallen. Nach der ersten “Charlston” Nummer seufzte meine Sitznachbarin: “Was die so beweglich sind.” Meine Antwort: “Waren wir auch mal” wurde nur unwirsch akzeptiert. Ja, es gab Charlston, aber nicht nur. Bei Doris Lingenau in “It’s a Boom!” sah das fast nach Josephin Baker aus. Viel Schellack-Gekratze, digitalisiert, natürlich. Feiner Tanz. In “Neue, Neue Sachlichkeit tanzten sie sogar zu Lyrik! Ich habe jetzt noch Kopfkino, wie man wohl zu meinen… Nichts hilft, mein Apotheker weiß auch nix.
Sorry. Geht gleich wieder.
Im Gedächtnis geblieben: “Körperwandel” von Sarah Wünsch. Sie tanzte in eigener Choreo die Stufen des Frauentanzes vor, befreite sich vom Steptanz im “Sterbenden Schwan”. Mit nackten Füßen, so nah, wie ich saß ein Erlebnis, Spitzentanz, meine ich. Furchtbar für die armen Füße. Egal, sie endete in einer Replik an Mary Wigmans Hexentanz. Das sah im Original so aus. Just for Demo!


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Weil die Frauen in den 20igern also freier wurden, tanzte sie, sollen wir die 20iger feiern!
Der Tanzchef des Mannheimer Morgen Ralf-Carl Langhals war auch da. Textete “Tanz auf dem Vulkan” Zu meinem Erstaunen polterte er nicht, fand aber Sara Wünsch “zu akademisch”, ansonsten wertete er: “Zu sehen und zu hören sind für Kunstfreunde insgesamt 100 Minuten voller sehr konkreter Auseinandersetzungen mit der Kunsthallenschau und thematische Ergänzung mit Überraschungen.”
Apropos akademisch. Die Uni Mannheim in Gestalt von Thomas Wortmann postete zu meiner Freude sogar auf “Bluesky” die Konferenz zum Thema. Aber das ist für die Profis. Symposium, nä!
Ich gehe am Samstag lieber zu: “Hin und zurück“. Kurzoper von Paul Hindemith und Songs von Kurt Weill. Ein Programm der Studierenden der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Kurzoper klingt klasse, rein orthopädisch. Kann ich vorher noch ein wenig durch die Ausstellung latschen.
Ich hab mir noch gemerkt! Am 7.2 beginnt im Marchivum, dem Stadtarchiv Mannheims und jetzt auch Viernheims die Ausstellung “24 Stunden im Mannheim der Weimarer Republik”. Aber da hab ich Zeit bis zum Mai, wenn es etwas wärmer sein wird.
Im Kalender steht auch noch ein zweiter Abend im Felina und zu meiner Freude beteiligt sich die Jüdische Gemeinde am Programm: “Ein Tag Kultur in den 1920er Jahren und das Judentum.”
Feiern wir also die 20iger. Die Menschen feierten ja auch, bis zum Black Friday 1929. Da war die Party vorbei. Traurig. Ich hoffe sowas bleibt uns in den 2020ern erspart.
Nein, nein. Die Angebotshysterie an dem Amerikanischen SuperBrückentag “Black Fryday” mit auch dem hiesigen “Sale”-Gedöns ist keineswegs eine Begleitmaßnahme der “Neuen Sachlichkeit”. :)

Bleibt zu zeigen. Als die Neue Kunsthalle noch im Bau war. Youtub von mir zur “Schmuseums-Aktion” der Kulturkonsorten.


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