„Weniger, älter, bunter – so ließ sich die demografische Entwicklung Deutschlands lange Zeit beschreiben. Spätestens seit der Flüchtlingszuwanderung wissen wir: Weniger muss nicht sein, die Überalterung lässt sich verlangsamen, aber bunter, das werden wir auf alle Fälle. Das wirkt sich zwangsläufig auch auf die Kultur, die Arbeit von Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen aus – nur wie? Darum soll es in dieser bis zum 22. April andauernden Blogparade gehen.
…….schreibt Axel Kopp in seinem Aufruf zur Blogparade #KulturImWandel
Nun, wie sag’ ich das jetzt nur wieder? Ich mein ja nur, nix ernstes! Aber mich juckt es doch wieder.
Also lasst uns das Blog paradieren!
Um mich vorzustellen. Das war gestern. Solche Sachen mache ich halt.
Franz Marc in der @kunsthalleMhm "Hund, Katze, Fuchs (Content)." pic.twitter.com/0zmG71Ujf7
— Michael mikel Bauer (@mikelbower) April 6, 2016
Ich polemisiere mal zur Verdeutlichung und erfinde Luigi. Luigi fragen wir, wo er herkomme und ob er denn integriert sei. Und bekommen folgendes zu hören:
„Ich komme aus Schwetzingen, wo schon mein Vater geboren wurde. Ja, ja, mir wächst eine Migrante aus der Nase. Wie viele Generationen müssen wir noch warten, bis wir nicht mehr als Migranten betrachtet werden? Als Gleichberechtigte anerkannt, von den Nachfahren der Schwertkämpfer, die in ihrer fränkischen Landnahme die Kultur, die meine Vorfahren dereinst aufbauten, kurz und klein schlugen. Geht mal in eure Kultureinrichtung in Worms, äh, dem Museum, guckt und dann unterhalten wir uns über Migration.“ Grinst, schlürft seinen Espresso, kippt den Grappa und geht ab. Muss sich ein Italiener wirklich integrieren? Griechen, Türken, Araber in die deutsche Esskultur? Ach DIE Kultur ist nicht gemeint, die ist ja schon bunt, ganz von alleine.
Als Luigis Großvater in den 60igern des letzten Jahrhunderts hier ankam, rannte er damals vergnügt ins Museum, um die Bilder von Raffael zu begucken, oder Verdi in der Oper zu hören? (Es wurde sogar eine extra italienisch-katholische Gemeinde für ihn gegründet.) Wohl nicht, wer auf Schicht arbeitet hat(te) kein Geld und keine Zeit für Theater, Oper, Museum. Das ging und geht übrigens nicht nur Mehmet so, sondern auch Karl. Ich schrub das hier schon einmal, wer Lust hat es zu lesen. Es geht um ein gutes Beispiel, wie die Kultureinrichtung Schauspiel Köln die Sache mit der NSU verarbeitet hat MIT echten Migranten. „Die Lücke“. Läuft gerade wieder in Köln.
Migration, Zuwanderung, wie auch immer genannt, ist ein politisches Problem. Dort muss es gelöst werden. Und diese Politik finanziert ja zum größten Teil dieses Kulturgedingse und wenn sie meint, dass ihre Einrichtungen da mitwirken sollen, wird sie das als Ziel formulieren und auch finanziell ausstatten, vielleicht können die Einrichtungen ja schubsen, aber da haben die Verantwortlichen wohl zu viel Regatt, man mag ja sein Pöstchen gerne behalten, gell. Übrigens auch so ein Ding: Die Hierarchien in den Häusern. Undemokratisch, wie bei Siemens oder Benz.
Was den Kultureinrichtungen allerdings fehlt, um größeren Andrang zu vermelden, ist generell eine Ausrichtung an allen, auch den „Kulturfernen“, egal wo ihre Großmutter geboren wurde und woher ihr Urgroßvater denn her kam.
Ich werde nachher den Hafiz malen für ein #selfie von @mikelbower in Mannheim #Iamhere #feuerbach pic.twitter.com/yP1MAgSO5S
— Michael mikel Bauer (@mikelbower) 13. November 2015
Zieht also eure Fräcke aus und geht unter die Leute. Erzählt wem auch immer, warum es geil ist, einen Tizian zu betrachten, Picasso keinen abstrakten Mist gepinselt hat. Lockt sie, verzückt sie, nehmt ihnen nicht ihre Populär-Kultur weg, sondern fügt etwas hinzu. Schauspielerin X ist viel intensiver als Emilia Galotti zu erleben als im Tatort. Die Zauberflöte ist genauso gute Fantasy, wie Starwars. Holt sie ins Boot, das noch lange nicht voll genug ist. Entmystifiziert die „Hochkultur“, holt sie aus dem Elysium nach Hienieden. Macht sie brauchbar. Für alle. Wie genau das gehen soll, weiß ich nicht. Vielleicht einfach was mit den Leuten zusammen machen. Und bestimmt wird da schon einiges gemacht. Gelockt. Ist nur noch nicht beim Kulturamt ordentlich abgelegt und gestempelt. Siehe die Lücke dort oben oder die Bürgerbühnen oder die beachtlichen tagtäglichen Anstrengungen der Bibliotheken, landesweit. Gebt den Kiddies was aufs Handy, lockt sie in Eure Archive, lasst sie die Smartphones offen im Zuschauerraum zirpen. Sowas. Nehmt ihnen die Angst etwas „falsches“ über die Kunst (und damit meine ich nicht nur die Bildende) zu sagen, aus Unverständnis heraus Kunst in die Mülltonne zu drücken.
Die Kultur muss ins Volk migrieren. Nicht umgekehrt. Kultur muss Teil der Leben werden, wenn man das denn will und nicht umgekehrt. Das wäre für mich #kulturimwandel. Der Wandel hin, auch zu Krethi und Plethy.
(Bild zeigt das Mannheimer Nationaltheater während des 2. Bürgerbühnenfestivals, siehe hier)
Und hört auf „Kultureinrichtung“ zu sagen. Das klingt nach: „Hier können Familien ihre Kultur verrichten, der Kulturmanager hilft, damit die Kulturschaffer weiterhin pinseln, pinseln Bildle mache.“ Diese Wörter verraten so viel über knöcherne deutsche Kulturpolitik, die Erdenschwere und „bei Kunst lacht man nicht“. Gebenedeiet sei der Kafka und der Bernhard.
Schafft einfach ZUSAMMEN eine lockende, fröhliche und doch gedankenschwere Atmosphäre in euren „Einrichtungen“.
Aber:
Wie, der Herr Generaldirektor war aber jetzt doch pikiert, dass seine polnische Putzfrau im raffiniert “Kleinen Schwarzen” beim Parsifal zwangsweise neben seiner Gattin saß?
Der Kontroller der Bank seit 1567 war not amused während der Vernissage der gesponserten “Werken des XY Kulturschaffenden” im Holy Museum auf seinen türkischen Gemüsehändler zu treffen?
Tja, dann habt ihr ein Problem. Wie bisher auch. Da gäbe es auch zu tun. So als Institution, als Methode des Kulturmanagements.
Wie gesagt, ich mein’ ja nur, nix ernstes!