Diese herrlich heißen deutsche Sommer

( Beitragsbild: Fahnen im Wind über dem Festivalzentrum der Schillertage 2023. Mannheim NTM)
Prolog

Ich saß am Rhein in Bingen, aß und glotzte auf die Germania gegenüber.

Sommerkunst

Bald wird es hier eine Bundesgartenschau geben, das ganze Mittelrheintal hinab. Was aus einem #siffgate wurde. Ich dachte an die Schau in Mannheim, deren bedeutendes Ereignis ein Sombrero-Kommunikationsdesaster ist. In Mannheim am Rhein eine Bundesgartenschau? Ich stellte mir das vor. Direkt hinter dem Neckarzufluss bis an die hessische Grenze, der Fawwerik mit den 4 Buchstaben entgegen? Ein Glucksen erschütterte mich. Eine Woche später fuhr ich die Strecke wieder, an den Burgen der rheinromantischen Preußenprinzen und geistig den Werken Turners vorbei. Linz am Rhein mein Ziel.

FUNeral rheinisch

Wortfetzen auf der Fahrt notierte ich, wollte eigentlich etwas anderes, aber es wurde diese Miniatur. Angereichert mit Sommergedichten aus der Datenbank. Sicher, ohne Cookies und Kram, weil offline.

Diese herrlich heißen deutsche Sommer. Alles gelb, kein Grün stört, bald bräunt alles in das Blau, auch der Himmel. Peter und Paul faulen den Weizen in seine Gläser, die Gerste staubt in die Pilse, laut malz ich dem Hopfen entgegen. Mein Klima säuselt aus seiner Anlage in Cockpit-Schlitzen, alles summt in meinem Brummer, auf meiner Autobahn. Ein fröhlich Lied auf den Lippen, gestreamt, dick gebenzt, kräuselt in die versteckten Airbags und Gebläse. Mein Taugenichts träumt von blauen Schenkeln der lustigen Weibern umschlungen, am See dort, wo Kirchtürme wieder ragen, aus den Wassern, die sie einst verschlangen.
Am Fluss stört kein Getucker der dieselnden Schiffe, romantische Bänke aus Sand zwischen den Rinnen saalen Mücken und Malaria.
Auf der Bahn gendern fesche Soldat*Innen den Fahrer*Innen von den Rohren der Panzer und Artelleriegeschützen herab, singen Lieder von Heimat und Fernweh, ziehen freudig in die lustigen Gefechte für die Kameras und frisch geschwafelten Talkwaus. Deutschland, dein Ticket undercover, metallisch im Rhein.

Ratternde Rotoren libellen über der Autobahn der Ruut sixtisix bei Biebrich entgegen, kein Stau soll uns fehlen. Ich jauchze und hube meine Drohnen dem Schrauber entgegen. Wie Hummeln umschwirren sie den älteren Bruder. Sternenkrieger beschießen die Kleinzeuge aus ihren versteckten Rohren, in 3D und Dollbei, and ä whäm, and ä bämm, tandaradei. Ruhig trinkt mein innerer Imperator kühl gerieselingtes Wasser. Freigeräumt meine Autobahn, nur für mich, rasen wir der roten Sonne entgegen, frisch geglüht in den Grills der deutschen Sommer. Die Kohle darin sehnt sich nach Kraft und Werken der kraftlosen deutschen Winter. Weiter heizen wir mit dem Brummer durch die laue Sommernacht. So schön, so schön. Deutsche Sommer über alles, über alles, auf der Welt.

Gedichte aus der Sonne oder so.

Ach ja, Sommernacht

Keine Fron den Gedanken
wir stöhnen die Freiheit
summen leise Lieder
aus geläutertem
Hass

Angesichts

unpassender Sommer
schlechter Regierungen
torlosem Fußball
und gen-gesteuertem Wein
trink ich langsam
ein alkfreies Bier oder zwei
freu mich auf morgen
und mein Bett
wer singt mir
das Tandaradei


Blasen und lauben

Kurz vorher
noch ein Mal
bunt zu braun und gelb
lauben im Wind
zu den Beats der
donnernden Bälle
Keine Angst vor
Toren dort unten
Der Sauger wird
jagen und holen
Wir hexen auf
Bläsern und Besen
Was rauschten
raunten
dürsteten Sommer
aber heute steppen
wir Mozart im
wildbunten Rock
noch ein Mal
aber doch

Du hörst ja doch nicht

Hör auf
meinen Runzeln
zu schmeicheln
die Schuppen von der
Haut zu fegen
über den Altersflecken
Lust zwischen
die violettgeränderten
Schenkeladern zu
blasen
Hör auf damit
Sommerwind
mein Liebling
hör doch
hör auf

Bericht im Mannheimer Morgen zur Lesung der Texte im Theater-Felina-Arenal im Rahmen der Spätlese #43