Eine Nachtkritik
So ein tolles Konzert. Doch. Ein Trommler-Musiker aus Bagdad der auch die klassische arabische Musik beherrscht und jede Menge anderer Musiken auch, ein schüchterner evangelischer Kantor aus Michelstadt mit dem verträumten Hang zur Improvisation nach allen Seiten und eine Kletschmer-Klarinettistin, die auch das Sax und das Schofar bläst, schade ich hätte sie mal gerne mit Miles Davis gehört. Und ein Mashup aus dem Liebestraum und Hava Nagila ist toll, doch. O.k. das Konzert hieß “Kirche, Synagoge, Moschee”. Und es wurde musikalisch für die Verschwisterung der Kulturen, dem interkulturellen Mashup geworben. Die musikalischen Ansätze waren gut, sehr gut sogar, und ich hätte mir die 3 Vollblutmusiker wirklich in einer Session, wie der letzten Zugabe gewünscht, ohne Erklärungen für uns provinzielles Volk, doch, das wäre Weltmusik vom Feinsten im Jazz beheimatet, seufz.
Und doch, mein eingebauter Agnostiker wurmte sich in meinem Seelchen umher. Es war zu viel Gebet zu Gange, zu viele Engel, sonst welches himmlisches Personal. Ich mag klassische Musik, gerade die Messen der Größen, auch arabische klassische Musik, ich mag Kletzmer, das alles sind grandiose Inkarnationen ihrer respektiven Kulturen, samt anderen Spielarten auch, aber ich beginne mich zu wehren, wenn ich jenseits der Musik in die Gebete der Religionen mit einbezogen werde. Und wenn das Xaverl, aus der Wallstadt nebenan, hineinpoesiert, hust, nun ja, als ob ich selbstverständlich Teil einer dieser Religionen wäre. Bin ich aber nicht, nicht mehr. Und wenn das Xaverl Milliarden CD€s verkauft…
Und es grummelt aus dem hohlen Bauch heraus. Wie bitte? Die drei monotheistischen Religionen sind in ihrer musikalsiche Tradition mischbar? Aber natürlich, das ist beglückend und alles und doch. Was daran ist daran eigentlich verwunderlich? Letztendlich ist dieses Christentum nix weiter als eine Horde an jüdischen Sekten, die dann doch den Kontakt zum Ursprung leicht verloren haben und der Islam ist ein Fork (siehe da) von beidem, so von ganz weit her betrachtet. Natürlich passt da einiges zusammen und es war toll es zu hören, nur: Diese 3 verschwisterten Religionen führen untereinander und auch zwischen den systematisch untergeordneten Sekten Krieg. Die Künstler, die Musiker sind nur Beiwerk, an den Höfen gelitten und bezahlt. Aber irgendwann herrscht immer Krieg. Verbal, real. Die jeweiligen religiösen Oberen bekämpfen sich, die Innenminster führen Terrorkämpfe auf Basis dieser jahrtausende alten Ideen. Die Fäuletons streiten sich gerade über irgendwelchen Islamismus, zum Beispiel, unser neu gegelter Innenminister teilt die Religionen wieder nach deutsch und nichtdeutsch ein. Dieser eifersüchtige, brutale, monotheistische, eifersüchtige Gott, beginnt wieder die Debatte zu beherrschen.
Wann nehmt ihr uns Agnostiker, Atheisten und sonstige nicht mit in Euren Traum vom Mashup der Kulturen? Und: wann werdet ihr die Hälfte der Menschheit, nämlich die Frauen in Eure kultischen Angelegenheiten wirklich aufnehmen, in der Moschee, der Synagoge, den katholischen Domen?
Weil wir kein Schofar blasen? Weil wir den süßen Jesus des Johann Sebastian nur noch musikalisch würdigen wollten, im Kontext unserer Ungläubigkeit?
Ach was hätte ich die Musik ohne Erklärung genossen, ohne ……
Dies war mein Gebet an die Götter, die es vielleicht nicht gibt und die unschuldig sind an Naturkatastrofen und den Gaus der dummpratzigen Hypris.
Einfach nur Mashup Musik, ohne …. ok. ich bete ja schon nicht mehr. Nein, geistliche Musik für Agnostiker wird es nicht geben, Musik für die Seele bestimmt, aber wir kulten ja nicht, sind….
Es wäre nett, wenn man uns in den geistlich Kreisen, ach was. Vergesste es, Es gibt uns ja nicht, uns Agnostiker und Atheisten.
btw. Kennt ihr das Kyrie aus… ich hör ja schon auf! Ach dürfte ich das alles noch einmal hören, nur die Musik, ohne Erklärungen? Nur die Musik? Ich würde dann sogar mitklatschen, vielleicht