Dikulturell

(Ein Heidelberger Workshop suchte mit der SAP und Jagoda Marinic -was schon einmal sehr bemerkenswert ist, das mit der SAP- nach einem Begriff, den das albern-hölzerne Wort “Migrationshintergrund” ersetzen könnte und mir gefällt “Dikulturell” sehr gut und stampfe es versuchsweise ins Blog)


Als diese Franken
hierher migrierten
entschuldigung
Land nahmen
und zum Beispiel in
Worms
die keltisch-romanische
Dikultur mit schwieligen
Schwertern zerbröselte
wo waren die
Legionäre einst nicht
überall her vom mare nostrum
et cetera ihr kennt das ja
erinnert ihr Euch
noch an die Skalven
in Ladenburg und die
Hilfstruppen der Legionen
und seit wir Nationen
in Weltkriege stürzten
und international die
Genfer Konventionen
nicht wahr als letzten
Anker in die Blutmeere
und Wosinddieflowers warfen
Reden wir nicht von den
grünen Bannern der Propheten
in deren mare fast nostrum
ist ja schon lange her oder wie
und heute so unsere Dikultur
aus Spargeldöner und
Maultaschenlasagne
und den immer gleichen Krämpfen
zum Beispiel der Kulturkämpfen
der TAZ-Berliner gegen die Schwaben
wo sie doch Hohenzollern sind
So der tägliche deutsche
Alltagsrassismus
Gott sei Dank können wir im Elsass
wieder im Dialekt den Euro beschimpfen
gemeinsam hiwwe wie driwwe
und die Ossis und die Wessis
dikulturell von Russen oder Amis
besetzt gewesen Nastrowje Woodstock
Dikulturell welch geiles Wort
Mein Gott schon ewig sind wir das
und ja das mit Luther und dem Papst
dikulturell.. Wisst ihr noch
die Trennwand zwischen
den Konfessionen in der
Heidelberger Heilig Geist
gekichert..
dikulturell
Willkommen Schwestern und Brüder
und alle dazwischen
gegendert
oder so
dikulturell

Ach diese Party

Zwischen diesen Leben
aus Tonfragmenten
in Moll und Saxofon
treibt ein Mond
aus Puffreisbohnen
zischt drei Pfund Tod
billig vom Discounter
Wir kreischen grüne
Faltentränen
zimpeln nach
Quicksbrunn
Dieses Lachen
tränt in meinem
Mund

Gleich

Zeiten noch
von Oma
eingefroren
rasen durch
frisch geflickte
Nevenbahnen
in behandelte
Schalen
uralter Tränen

Terasse

Die Tage dehnen sich
drängen die Nacht
gallen und schlagen
Noch tanzt Frühling
über Beeren
Weine glühen
am Himmel weiß
Schwalben schäumen
über mein Glas
Wieviele Sommer noch
werden Wolken dröhnen
und zucken wie ich
Ein Blitz funkelt donnert
sein Lachen mich aus

Krautland

es ist schrecklich
trotz der fürcherlichen
wirtschaftlichen lage,
die uns in den abgrund führt
geht es uns immer noch viel zu gut
ist es nicht schrecklich
all das elend
und das elenend mit dem ozon – loch
und erst der lomabard – satz
uns geht’s beschissen
und trotzdem zu gut
allen außer mir
ist das nicht schrecklich

Aus: “ich träume im krautland” 2001. Weil das mit den Krautreportern gerade so in ist :)

Tierisches: Maus, Hühner, Fliegen

Meine Maus

streicht
Deinen Pixeln
entlang
spricht mit
Deinen
Bytes
ja, meine Maus

Die Hühner kratzen

wieder Runen
in den Hof
alle Gockel
sind entzückt
von ihren Künsten

Meine Fliegen

summen froschlose Hits
auf Krötenzungen
für die Störche
die Mädchen beissen
wollen