Sommer graut

Es graut in der Mitte des Sommers, die Temperaturen des Frühlings lagen höher, es tropft seit Tagen von üppigen Blättern, das Korn dahin, blanke Furchen bräunen in die Äcker, der Blues springt aus allen Playern, Sting melancholiert aus mp3s. Seltsam wird mir dann immer. Sonnenentzug. Meine Marktplätze entleert, die Stellen im Wald so fern. Alles schwimmt im inneren Nebel des Egal. Milliarden wieder einmal, ja und? Der Stress wird getestet? Ach ja. Wie furchtbar. Nichts regt mich auf, nichts regt mich an und doch: Ich kann schreiben, schreiben, schreiben. Die täglichen Katastrophen berühren nicht mein Innerstes, ich schaffe neue, reite auf der Wehmut, lausche Klarinetten und Akkordeons, tanze Tango mit den Zehen auf dem Teppich. All die Figuren der Macht tanzen ihr seltsames Ballett vor den Kameras der Welt, ich sehe ihre Münder sich bewegen und höre nichts, schreibe ihnen Texte ins Maul, die nur ich hören kann. Was ist die Wirklichkeit? Was man mir zu sehen gibt, oder was ich sehe? Sommer lochen sich und heften ab, wie immer, bald platzt meine Hitze wieder zu freilebendem Schweiß, aber heute, heutzutage, jetzt, pflege ich,
Melancholie, streichle die Agonie zu seufzenden Anti-Spasmen und fühle mich wohl, tief in meinem Ich vergraben, sauge Leben aus den Tropfen, die mich regnen und träume vom Schlaf in Wolkenfeldern, dort hinten, im Immernass. Die Welt tropft perfekt, ich atme dünne Schleier, neble mich, bin ganz in mir. Chopin hüllt mich, Rilke liebt mich, Gedichte netzen mich, dort im Web, so dicht an dicht, zu mir. Es graut in der Mitte des Sommers.