Schon lange verfolge ich diese Merkwürdigkeit. Angereichertes elektronisches Buch. Damit meine ich nicht digitale Literatur, oder was das denn einmal gibt, ich dilettiere da ja gerne selbst. Ich meine „books“. Und auch diese Buchmesse im Jahre des äh, ja, seit, nun, 2012, ist voller Reden, davon. Ich werde morgen dort nochmal gucken gehen. Auf den Podien tobt es und ja. Und nirgendwo finde ich meine Zweifel. Was soll das sein, ein „enhanced eBook“? Ein Text mit hinterlegter Musik, mit Bewegtbild, interaktiven Elementen? Auf den Podien jedenfalls beschäftigt sich aber niemand mit der dazugehörigen Hardware oder gar der Software, Abwärtskompatibilität, sonstigem. Das wird Amazon, Sony und Apple überlassen, den Androiden und den textr-Ankündigern. Es wird schwadroniert und der Facebook-Account wird es schon richten, notfalls twittern wir halt die sozialistische Media.zwonull, ye know.
Und nirgendwo fand ich ein „enhanced eBook“, zum, ja, lesen? Auf welcher Hardware läuft das? Auf einem uralten Kindle auch? Nein? Siehste!
Streuen wir einmal uraltes ein: Drei Sparten Theater. Theater gehört doch noch zur Literatur, so faustig, verschillert der Räuber, der Frisch und die Jelinek? Drama light? Und das Ballett? Ah, gar die Oper, das Musical, die Operette? Sagt da jemand eine Oper sei ein „enhanced play?“ Merkt ihr was? Es ist eine eigene Gattung. Musiktheater, mit Ballett, mit Bühnentechnik, mit Text…
Es ist eine eigene Gattung. Dort wo sich Künstler der verschiedensten Genres treffen und etwas gemeinsam machen. Den Film haben wir noch gar nicht durch genommen, von 3D reden wir erst gar nicht.
Um meine Zweifel zu verdeutlichen: Auf welcher Plattform (außer einem Rechner / Tablet/ Smartphone ) würde mein „Windgeläut“ laufen? Das ist Flash, noch nicht einmal auf den Ibrettern&co. Was hat das mit einem „Buch“ zu tun?
Es würde Zeit, dieses neue Ding den PR-Fuzzis und Product-Managern der Verlage, Labels und Studios aus den Händen zu nehmen und etwas Neues zu machen, nicht zu thinktanken, sorry LitFlow. Ein neues Genre zu generieren, jenseits der verfilmten Literatur. Dort, wo die Programmierer gleichberechtigte Kreative sind, wie die Ingenieure der Siliconhügeln auch, die Viedoinstallisten und die Musiker und und und. Das wird komplexer, als alles, was je da war, erfordert hohe Vernetzung/Lizensierungsgedingse/Finazierungsgeflechte/Entlohnungszerwürfnisse und nein ich meine damit keine Fatzebuchparties.
„Enhanced Books“ werden als „Books“ lächerlich sein, eine Zumutung für alle, die Geschichten für das Kopfkino anhand von Buchstaben erstellen und all die Milliarden Leser. Lasst das Buch ein Buch sein, egal ob auf einem Display oder als gedruckte Datei auf Papier. Ein klassisches, erprobtes Genre und den Rest, den entlasst ihr bitte in Richtung von etwas Neuem. Wie auch immer das heißen mag.
Weil es Opern gab, starb deshalb das Schauspiel? Ah, der Chor, das gab es schon immer? Die Lyrik zur Leier? Eigentlich war Jahrhundertelang das Buch die Deckelung des Crossover? Der Roman die Verkürzung einer Erzähltechnik, die alle Sinne ansprach, damals, am Stammesfeuer, als die Schamanen Runen ritzten, tanzten, erzählten, sangen, Instrumente spielten..
Und zum Teufel nennt das nicht irgendwas mit TransMediaStorytelling.
Leute, die Literatur ist ein tolles Genre, solange sie sich selbst treu bleibt und gerne interagiert mit anderem , aber sich selbst bleibt. Ihr dürft ja auch weiter Bilderbücher machen, aber jenseits dessen ist das etwas Neues und wir alle wollen nicht das Alte verlieren.
Und wer von neuen digitalen Literaturen schwätzt und von Zetteln abliest, nun ja.. das ist wieder eine andere Geschichte.